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Ulrich Schäfer-Newiger: Heißt dichten sterben lernen?

Memo/Essay > Aus dem Notizbuch > Essay
Ulrich Schäfer-Newiger
Heißt dichten sterben lernen?
Vergleichende Anmerkungen
zu Gedichten von Alexandru Bulucz und W.G. Sebald


O Urlaut des Gedichts: Melancholie!
Johannes R. Becher
Die Schwermut, aufs neue geduldet,
pendelt sich ein.
Paul Celan

I  Selbstbetrachtende Vorbemerkung

Dichtung und Melancholie sind ein unzertrennliches Paar, uralt und doch gegenwärtig, dabei ungemein fruchtbar, immer wieder Nachkommen produzierend. Ganze Bibliotheken füllen die Bücher, die sich mit dem Verhältnis der beiden beschäftigen, wobei das Ergebnis zu sein scheint, dass die Melancholie, um es salopp zu formulieren, als Henne zuerst da war und dann erst ihr Ei, die Dichtung. Freilich mag dieses despektierliche Bild auch umkehren, wer will. Goethe jedenfalls wusste; Zart Gedicht, wie Regenbogen, / Wird nur auf dunklen Grund gezogen; / Darum behagt dem Dichtergenie / Das Element der Melancholie. Goethes aufschlussreicher, weil selbst schon einige Melancholiemerkmale enthaltener Spruch ist der „Anthologie deutscher Melancholie-Gedichte“, von Ludwig Völker unter dem Titel „Komm, heilige Melancholie“ herausgegeben, entnommen.[1] Darin sind allein 273 Gedichte aufgeführt, auch einige aus dem englischen, französischen und italienischen Sprachraum. Goethes Spruch befindet sich im Kapitel „poetologisches Vorspiel“, in welchem Gedichte wiedergegeben sind, die sich selbst mit der Entstehung der Dichtung aus der Melancholie (worauf später noch zurückzukommen sein wird) beschäftigen.

Vorliegend soll anhand von zwei Beispielen exemplarisch der Frage nachgegangen werden, ob Melancholie gegenwärtig noch Bestandteil eines modernen, durch Dichtung zum Ausdruck kommenden Krisenbewusstseins unserer Zeit und zugleich Motiv oder Auslöser und/oder Strukturbestandteil moderner Dichtung ist.

Auf die beiden literarischen Beispiele bin ich beiläufig gestoßen. Vorgenommen hatte ich mir, Alexandru Bulucz‘ Gedichtband „was Petersilie über die Seele weiß“, zu lesen. Anlass waren verschiedene, positive Rezensionen, welche in kurzer Zeit über die Gedichtsammlung erschienen waren. Fremde Äußerungen über fremde Texte als Lektüreanlass sind fragwürdig, weil sie fremdbestimmt zu sein scheinen oder sind, und die Gefahr besteht, dass die fremde Meinung über den Text im Hinterkopf unbemerkt weiterwirkt. Was auch hier nicht ausgeschlossen werden kann.
Ich blieb bereits beim zweiten von mir blind aufgeschlagenen Text in Bulucz‘ Band im Lektürefluss hängen, nämlich dem mit „Isenheimer Schmerzasyl“ betitelten Gedicht. Ich las es mehrmals, denn: Ich hatte über dieses Isenheimer Schmerzasyl an anderer, weit abgelegener Stelle, in einem anderen Gedicht, schon gelesen. Nämlich in W.G. Sebalds frühem Langgedicht „Nach der Natur“, welches er ein „Elementargedicht“ nannte:

Alexandru Bulucz
Isenheimer Schmerzasyl

Schwärzliches Mutterkorn drängt aus den Spelzen der Ähre hervor
wie das Haupt der Medusa, enthauptet sich selbst in der Reife,
verharrt überm Winter am Boden. Im Frühjahr erhebt sich aus ihm
eine Anzahl an Köpfchen, mit Warzen bedeckt. Sie beherbergen

Schlangenhaarsporen, die Winde in Roggenblüt’narben zerblasen.
Die bilden in ihnen Myzele. Dann Honigtau. Ausbruch im Herbst:
Nach vermahlenem Roggen, gebackenem Brot fährt schon Taubheit
in Glieder. Es kommen das Kribbeln, das Ameisenlaufen in Gang,

u. zwar förmlich. Die Muskeln verkrampfen. Belebt wird das alles
verschlechternde Kohldampfgeschiebe im Irrkreis des giftigen Laibs.
Katarakte betrüben die Augen. Dann tot ….o. Ausbruch im Herbst:
Um die Steine – durch Trocknung verrunzeltes Fruchtfleisch, ‚ne Dörr-

pflaum‘ am Ärmchen u. welche am Bein, Pergamenthaut mit Pusteln,
mit Blasen, mit Grund um die Knochen. Die Akrenverluste, von Händen
u. Füßen. Als würde der Wegerich helfen. Das Zähnegeknirsche,
Geschrei vor den Schmerzen. Der heil’ge Antonius! Das Feuer –

ein Innenverwüster. Ein Flackern vor Augen. Dann Schwachheit,
u. tot – wie die Gans mit dem spastisch verkrümmtesten Hals.
Zu verdanken ist dies jenen wenig geeigneten Sieben der Armut.
Mitunter gebrauch sie von den siebenden Bauern verworfenen Mengen

für Klöße und Mehlsupp‘, zugunsten des Brandes danach, eines Durstes,
den Wasser doch nimmermehr löscht. Die nicht sterben am Röstspieß
des Meisters Hieronymus Bosch, die verleben die Tage als bettelnde
Krüppel auf Krücken, als hölzerne Stelzfüß‘ mit Lazarusklappern.

Denn Mutterkorn drängt aus den Spelzen der Ähre hervor, u. die Armen,
sie kommen, laut Sprichwort, aus’m Spelzchen aufs Stelzchen.

Alexandru Bulucz: was Petersilie über die Seele weiß. Gedichte, Schöffling & Co. 2020. S. 20.
W.G. Sebald, Nach der Natur, ein Elementargedicht
(Auszug aus:   Teil 1, Wie der Schnee auf den Alpen, Nr. V)
[….]
um ein Antoniterspital zu begründen
zur Remedur des im gesamten
Abendland grassierenden Antoniusfeuers,
einer Infektion des Blutes, die
zu einem Abfaulen der Glieder führte
und neben der Lepra zu den fürchtigsten
Krankheiten des Mittelalters gehörte.
[…]
Die Behandlung der bei ihrer Ankunft
Im Spital meist schon halb zerstörten
Kranken ging dahin, daß sie
als hieratische Zeugen des Bösen
zuerst vor den Altar im Chorschiff geführt,
auf den Namen Märtyrer Gottes getauft und so,
gewissermaßen und trotz und samt ihrer Perversion,
in den Umkreis des Heils gebracht wurden.
[…]
Was das Spital selber anging,
in dem von den zwölf Chorherrn
acht meist unter einem Lektor
Philosophie studierten,
so wurden die Rituale der Reinigung,
nach denen man mit den Kranken verfuhr,
zu einem über den Körpern dieser Kranken
ausgetragenen Kampf gegen die im Wahnsinn
sich herstellende Präsenz des Todes,
zu der grundsätzlichsten Auseinandersetzung
überhaupt, in welcher das Altarwerk,
das Guido Guersi, der Isenheimer Präzeptor,
bei Grünewald in Auftrag gab,
durch eine in den schönsten
und schauerlichsten Farben
ausgeführte Vergegenwärtigung
der Stunde der bleichen
Eitergewässer und somit durch
die Krafft und die Würckung
des Bildes eine zentrale therapeutische
Aufgaben zufallen sollte. Spätestens
mit dem Anfang der Arbeiten
an dem Elsässer Krüppelheim, wo das vielfältigste
Anschauungsmaterial dafür, wie der Mensch
in sich hineinkriecht oder aus sich
heraus will, versammelt war, wird Grünewald,
der ohnehin zu einer extremistischen Auffassung
der Welt geneigt haben muß, die Erlösung
des Lebens als eine vom Leben verstanden haben.
Nun ist das Leben als solches, so, wie es sich
furchtbarerweise   fortwährend und überall
vollzieht ……

W.G. Sebald: Nach der Natur. Ein Elementargedicht.

Fischer Taschenbuch Verlag, 5. Aufl. 2012. S. 20, 21-22.

Damit offenbarten sich zwei weitere Gründe der näheren Beschäftigung mit Bulucz‘ Text und seinem Gedichtband überhaupt: Die Melancholie nämlich, die in den Texten beider Autoren als ein wesentliches inhaltliches Merkmal erscheint und andererseits mein eigenes suchtartiges Lesen melancholischer Texte (das vielleicht meine Art von Beschäftigung ist, um Melancholie zu vermeiden).

Nun hat Sebalds Œuvre, wie kaum ein anderes, Interpreten und Kritiker angezogen und ist von ihnen ausgesaugt, auseinandergenommen und wieder zusammengesetzt worden. Es gibt – beispielsweise – nicht nur eine kritische Biographie (von Carole Angier), sondern auch ein “Handbuch W.G. Sebald”, oder eine ‚Deutsche Sebald Gesellschaft‘, welche Symposien veranstaltet und eine Schriftenreihe herausgibt, schließlich ein fünfhundertseitiges, unabge-schlossenes Werk mit dem an sich interessanten Titel „Sebald und die Melancholie“ von Michael Sethe, sowie nahezu unzählige kritische Abhandlungen selbst in Tageszeitungen, usw.[2] Die sollen hier aber keine oder keine große Rolle spielen. Die Möglichkeit einer Missdeutung dieses Autors also ist gegeben.

Der Gedanke, die Texte von Bulucz und Sebald zu vergleichen, kam mir sozusagen notwendigerweise.

Vergleiche sind heikel. ‚Der Vergleich hinkt‘, weiß eine Redensart. Und meint, dass der vorgenommene Vergleich nicht alles erklärt, die gemeinsame Struktur der verglichenen Gegenstände nicht lückenlos aufdeckt oder gar missversteht. Und den Vergleichenden bloßstellt als erfolglosen Versucher einer Erklärung, weil er das nicht eindeutig gefunden hat, was ihn selbst mit dem Verglichenen verbindet. Vergleiche können schiefgehen. Indem der Vergleich aber begonnen wird, wird die dunkel schon erahnte gemeinsame Struktur, die erhellt werden soll, vorausgesetzt.


II Apokalyptische Äußerlichkeiten

Im vorliegenden Fall ist die eine Vergleichsmöglichkeit erlaubende Gemeinsamkeit der Texte augenfällig: Beiden geht es auf der Erzählebene, wenn auch auf unterschiedliche Art, um einen scheinbar sehr weit hergeholten, heute eigentlich nur noch medizingeschichtlich interessanten Faktor, um eine längst so gut wie ausgestorbene, früher meist tödliche Krankheit, nämlich die Mutterkornvergiftung, auch Ignis Sacer genannt, Heiliges Feuer, oder bekannter unter dem Begriff ‚Antoniusfeuer‘. Und es geht um ein Heim oder Krankenasyl im elsässischen Ort Issenheim (deutsch: Isenheim), in dem die verkrüppelten Überlebenden der Krankheit seinerzeit gepflegt wurden, was man aus Bulucz‘ Gedicht freilich nicht unmittelbar erfährt.

Beschrieben wird nicht direkt das Isenheimer Schmerzasyl, sondern für ein Gedicht sehr genau und akribisch, eindringlich-sachlich die Ursachen und fürchterlich-körperlichen Folgen des Antoniusfeuers, einer Krankheit, die im ausgehenden Mittelalter bis in die Neuzeit hinein zehntausende Menschenleben kostete, weil man lange ihre Ursache nicht erkannte. Die Überlebenden der Krankheit waren fürchterlich von ihr gezeichnet, waren Krüppel, weil ihnen meist Gliedmaßen, Füße, Hände, Finger, Zehen usw. abgefault waren. Im Isenheimer Schmerzasyl waren sie zu besichtigten. Insofern verbildlicht Bulucz‘ Gedichttitel den Inhalt des Gedichts und zugleich den „Inhalt“ des Schmerzasyls – nämlich die vom Antoniusfeuer Befallenen. Das Gedicht symbolisiert das Schmerzasyl also gleich in mehrfacher Weise.

Auffällig ist die Art und Weise, wie hier Ursache und schreckliche Auswirkungen der Vergiftung dargestellt werden, nämlich nicht nur möglichst genau beschreibend, sondern vor allem in rhythmisch-regelmäßigen Versen (fünf- oder sechshebige Blankverse), zugleich spielerisch, in einem hochartifiziellen, literarischen Kunstprodukt. Eine Ästhetisierung des Schreckens also, eine sprachlich begründete Distanzierung, eine Abwehr des selbst gewählten poetischen Gegenstandes des Gedichts; ein poetisch organisierter Ausdruck eines Leidens im Gedicht der dieses Leiden zu mildern und aufzuheben vermag.[3] Schon diese Ästhetisierung der schrecklichen Folgen der Krankheit ist ein deutlich-starkes Melancholie-Merkmal dieses Gedichtes.

Direkt mit dem Krankenasyl in Isenheim hingegen beschäftigt sich der Text von W.G. Sebald. Auch er ist ein Gedicht, eine verdichtete Textform, scheinbare Prosasätze werden in Zeilen gebrochen, mit Stropheneinteilung, erkennbar rhythmischen, mit nicht streng abzählbaren, also offenen Versen, ohne Reim; wortmächtig und formulierungssensibel.[4] Im zitierten Textausschnitt (er ist Bestandteil eines ca. hundert Seiten zählenden Langgedichts), wird der Maler Matthias Grünewald genannt, der etwa von 1470 bis 1528 lebte. Das bekannteste Werk dieses Malers ist der sogenannte ‚Isenheimer Altar‘, den Sebald in der zitierten Stelle kurz erwähnt und der von dem Prior des Klosters in Auftrag gegeben wurde, welches auch das Kranken- oder Schmerzasyl betreibt, das Bulucz‘ Gedichttitel meint.

Auch in Bulucz‘ Text wird ein Maler der beginnenden Neuzeit namentlich erwähnt: Hieronymus Bosch. Der lebte von ca. 1450 bis 1516. Und ist als Maler grotesker, unwirklicher, ja ‚surrealer‘ Gestalten, Abartiger, Krüppel, Untergründiger, usw. bekannt (Die Hölle‘, ‚Das Weltgericht‘, ‚Heuwagen-Triptychon‘; ‚Das Narrenschiff‘ usw.). Die Wirkungen des Antoniusfeuers hingegen hat er wohl nicht direkt dargestellt; mit Isenheim hatte er nichts zu schaffen. Warum er dennoch erwähnt wird, hat wiederum mit einem weiteren Zeichen der Melancholie zu tun, das dem Text von Bulucz inhärent ist, nämlich des Spotts und der Ironie. Dazu weiter unten mehr.

Während die Gedichtgegenstände also ungefähr 500 Jahre alt und scheinbar nur noch historisch interessant sind, stammen die beiden Gedichte eben aus der Gegenwart oder allerjüngsten Vergangenheit: nämlich aus den Jahren 2020 (Bulucz) und 1987 (W.G. Sebald). Das wirft die Frage auf: Warum sind eine Krankheit, die vor einem halben Jahrtausend die Menschen erschreckte, und ein Krankenspital, in dem Überlebende dieser Krankheit untergebracht waren, und das heute längst nicht mehr existiert, in der Gegenwart als poetische Gegenstände interessant oder wichtig?

Die Antwort, stark vereinfacht und abstrahiert: Weil die Vergangenheit eine Distanzierung erlaubt von der erschreckenden Gegenwart, in der das wahrnehmende Subjekt in der Unübersichtlichkeit der durch die Medien vermittelten und wahrnehmbaren ‚Wirklichkeit‘, sich aufzulösen beginnt, und schließlich auch aus Panik vor einer heillosen Zukunft. Was meint diese allgemein formulierte Begründung?

Im Sommer 2022 erschien in einer großen Tageszeitung ein Artikel mit dem vielsagenden Titel „Wo bitte geht es zum Abgrund“? (FAZ vom 16.8.2022). Darin ging es um die Behauptung, die Wissenschaft habe bislang den schlimmsten Fall der Klimakatastrophe, nämlich die Erderwärmung um 5 Grad und mehr, noch gar nicht erforscht. Das Aussterben der Menschheit als Ganzes, so die auf einen Artikel amerikanischer Klimaforschung sich stützende Sorge, sei nicht ausgeschlossen. Denn: jede der fünf großen Massenaussterben in der Erdgeschichte war von radikalen regionalen oder globalen Klimaumschwüngen mit begleitet. Der Artikel ist hier als Beispiel dafür genannt, dass das klimakatastrophenbedingte Krisenbewusstsein unserer Zeit so evident ist, dass es mittlerweile selbst in der bürgerlich-konservativen Presse angekommen ist.

Also Endzeitstimmung: bevorstehende Apokalypse, Welt- oder wenigstens Menschheits-untergang, glaubwürdig verstärkt durch Dürren, Überschwemmungen, Stürme, großflächige Waldbrände, Pandemien, schließlich Putins Drohung mit einem Atomkrieg (beide hier verglichenen Texte entstanden allerdings schon vor dieser Potenzierung der apokalyptischen Aussichten) und der Vernichtung der westlichen Welt. Die Welt ist uff die heffen, die freuden sind aus. Der jüngste Tag soll nit weit sein. Ich hoffe, der liebe Gott wird’s ein ende machen. Das soll Luther geäußert haben, vor ca. 500 Jahren, damit durchaus eine allgemeine Vorstellung seiner Zeit über den Zustand der Welt. Eine Charakterisierung, die auch heute modern und treffend scheint, allerdings ohne Gott, also ohne Hoffnung und jeglichen Trost. Denn Gott taucht in der Gegenwart nicht auf, bestenfalls als nicht allmächtiger, d.h. selbst beschränkter, kritisierter oder verspotteter Schöpfer einer minderwertigen Welt oder vielleicht noch, als nicht mehr ernst zu nehmender, unverantwortlicher Clown. Insoweit unterscheidet sich die Bedeutung des modernen Apokalypse-Begriffs von dem der griechischen Antike, der mit ‚Offenbarung‘ eine ‚Enthüllung‘ und Erlösung meinte, also: Nicht das absolute Ende. Heute ist damit eher eine katastrophale, irreversible und ganzheitliche Auflösung der Weltordnung gemeint.[5]

Es gibt also eine Gemeinsamkeit, jedenfalls in Europa, zwischen dem 16. und dem 21. Jahrhundert, nämlich die Angst vor einer nicht mehr verständlichen Gegenwart und der unverfügbaren, zerstörerischen Zukunft, vor einem nicht mehr verhinderbaren, in absehbarer Zeit bevorstehenden Menschheitsuntergang, mit allen Folgen dieser Angst für das Denken und Tun der davon heute betroffenen Menschen. Davon handeln die beiden Gedichte.


III  Heilige Melancholie, verlass mich nicht

Die Gemeinsamkeit der hier gegenübergestellten Texte besteht vor allem, wie schon gesagt, in der in ihnen aufscheinenden Melancholie. Das wird hier behauptet, ohne dass wir sie hier in diesem Zusammenhang näher bestimmt haben. Und ohne, das sei auch vorausgesagt, wir das hier je sicher erfahren. Denn ‚Melancholie‘ ist kein statischer, sondern ein zeitabhängiger, sich wandelnder, ein performativer Begriff. Schon die Bezeichnung von etwas als ‚melancholisch‘ kann selbst ein melancholischer Akt sein, so wie das Schreiben über sie. Wir können mit ihr Vorstellungen verbinden etwa von Schwermut (vielleicht nur ein anderes Wort für das gleiche Phänomen?), Trauer, schöner, süßer Trauer (All other joyes to this are folly / Naught so sweet as melancholy – Robert Burton), vom Glück, traurig zu sein (Viktor Hugo), von der Klage über die Welt, Weltverzweiflung und -flucht, vom Unglück, der übermäßigen (Selbst)Reflektion, Einsamkeit, dem Grübeln über Zeichen (Walter Benjamin), der Distanz zur Realität, Verlusterfahrung, Sinnverlust, Lebensüberdruss, Depression, Geisteskrankheit, Gottesnot und -tot, Leere, einer (unerreichbaren) Utopie, Handlungsunfähigkeit (Wolf Lepenies), Lähmung, Ironie, Spott, Sarkasmus, modernes Genie,  usw. usf. Ist sie vielleicht ein Grundphänomen der abendländischen, von der antiken Philosophie und vom abrahamitischen Gott geprägten Kultur?

Melancholisch sind in unserem Fall neben der durch Ästhetisierung gewonnenen Distanz die Gedichtgegenstände selbst: Krankheit und Tod, die Erlösung des Lebens als eine vom Leben, wie Sebald es formuliert.

In Bulucz‘ Text fällt auf, dass die beiden, unmittelbar den Tod betreffenden Stellen, ironisch gebrochen werden: Katarakte betrüben die Augen. Dann tot ….o. Und, an anderer Stelle: Dann Schwachheit, / u. tot – wie die Gans mit dem spastisch verkrümmtesten Hals. Schließlich werden die überlebenden Krüppel der Krankheit ganz am Ende des Textes noch sarkastisch verspottet: Denn Mutterkorn drängt aus den Spelzen der Ähre hervor, u. die Armen, / sie kommen, laut Sprichwort, aus’m Spelzchen aufs Stelzchen. ‚Stelzchen‘, das ist hier das Diminutiv von Stelze als Krücke, hölzerne Fortbewegungs- und Gehhilfe für Krüppel.

Ironie, Spott und Sarkasmus sind sowohl Verstärkungsmittel des Grauens als auch weitere Distanzierungsmittel vom Grauen. Grauen, das Bulucz eben akribisch darstellt, sich hineinsteigernd, womöglich mit Lust. Denn weitere Diminutive im Text (Köpfchen in der 4. Zeile der 1. Strophe und Ärmchen in der 1. Zeile der 4. Strophe) verstärken den Eindruck, dass hier ein ironisches Subjekt am Werk ist. Einer der über die Weltsicht des 15. Und 16 Jahrhunderts Spott und Hohn ausschüttete, war der von Bulucz erwähnte Hieronymus Bosch[6], dem es gelang die Ausgeburten einer gequälten Fantasie, die die Menschen im Mittelalter ängstigten, konkret und anschaulich aber auch so darzustellen, wie sie kein menschliches Auge je erblickt hatte.[7]

Ironie und Melancholie sind zwei Seiten einer Medaille. Melancholiker wie Humorist zehren von dem metaphysischen Widerspruch zwischen Endlichkeit und Unendlichkeit, Vergänglichkeit und Ewigkeit oder wie immer man es ausdrücken mag.[8]  Der Humorist macht sich über diesen Widerspruch lustig oder erheitert sich an ihm, um ihn auszuhalten, und entwickelt dabei zugleich ein gesteigertes Selbstwertgefühl. Die humoristisch drapierte Melancholie lässt möglicherweise ihre tragische Seite zudem noch stärker hervortreten.[9]

Im Text von Sebald finden sich hingegen keine Spuren von Spott, Sarkasmus oder einem wie auch immer gearteten Humor. Ein Ironiker war Sebald nicht. Zu ernst nahm er, was er wahrzunehmen meinte. Zeichen der Melancholie im Sebald-Text ist der ebenfalls ausführlich beschriebene Gedichtgegenstand selbst, die Krankheit und das Elsässer Krüppelheim, wie er das Isenheimer Krankenspital nennt. Diese Benennung und weitere Formulierungen wie Kampf gegen die im Wahnsinn sich herstellende Präsenz des Todes, oder Stunde der bleichen Eitergewässer, oder Anschauungsmaterial dafür, wie der Mensch in sich hineinkriecht oder aus sich heraus will sind weitere melancholische Bilder. Vor allem aber offenbart die Behauptung, der Maler Grünewald, der ohnehin zu einer extremistischen Auffassung der Welt geneigt haben muß, habe die Erlösung des Lebens als eine vom Leben verstanden, die zutiefst melancholische Struktur des Sebald‘schen Textes.

Dabei wissen wir nichts von einer extremistischen Auffassung Grünewalds, wir kennen nur seine Bilder. Aber: Grünewald  muss für Sebald notwendigerweise eine extremistische Auffassung der Welt haben, was immer damit auch gemeint ist, weil er, Sebald, den bis heute nicht eindeutig identifizierten Maler Grünewald und dessen Bilder als Projektionsfläche für eben seine eigene, von umfassenden Daseinspessimismus geprägte, extremistische Weltauffassung benötigt, gemäß der das Leben (als solches, also: grundsätzlich, ohne Ausnahme, als conditio sine qua non) und überall (also nicht etwa nur im Isenheimer Krüppelasyl), sich furchtbarerweise (also nicht glücklicherweise, sondern furchterregend) fortwährend (also immer, ohne zeitliche Unterbrechung, vom Anfang bis zum Ende) vollzieht. Der für Sebald nur als „furchtbar“ denkbare Vollzug des Lebens als solcher ist der rote Faden, der sich durch alle seine Texte zieht und schon den Schreibimpetus für jenes Elementargedicht darstellte, aus dem hier zitiert wird und welches, soweit ersichtlich, überhaupt seine erste literarische (Buch)Veröffentlichung war. Sebalds erfundene Charakterisierung Grünewalds ist ein Beispiel jenes „Suchens“ (und Findens) „des Fiktiven im Faktischen“ im Werk Sebalds, wie die Autorin Carole Aigner in ihrer Biografie das literarische Vorgehen Sebalds nennt.[10]


IV  Immer vom Ende her

Das Isenheimer Schmerzasyl findet sich in dem Gedichtband von Bulucz in dem Abschnitt oder Kapitel, das mit der Überschrift: Das mit der Gnade ist so eine Sache versehen ist. Der Autor ruft hier einen der Grundbegriffe des Christentums, welches das nicht vom Menschen, sondern von Gott ausgehende Heil bezeichnet, am Anfang seines Gedichtbandes auf, in kritisch-salopper, lakonisch-zweifelnder Weise und arbeitet sich daran ab – mit Spott. Spott ist des Dichters weiterer Distanzhalter zu dem, was er zu erzählen und erklären vorgibt. Also auch zu Trauer, Leid, Verfall, Vergehen, Tod.
So findet er es an der Zeit, die Bilanz aus der Trauer zu ziehen, als sei sie ein Dorn, wie es im ersten Gedicht dieses Abschnittes heißt. Es trägt den Titel Des Dornausziehers Elegie. Der Dornauszieher ist er selbst als Dichter und weiter müsste man sich bei dieser Selbstbezeichnung nichts denken, wenn nicht Bulucz‘ Poesie auch eine der gewollten Verrätselung, Verführung, ein Wort- und Metaphernspiel wäre. Mit der Selbstbezeichnung ‚Dornauszieher‘ setzt er sich gleich oder bringt sich jedenfalls in Verbindung mit zwei Figuren der Kunst- oder auch Geistesgeschichte: Einmal jenem antiken Motiv eines Jünglings, der auf einem Felsblock sitzt und sich aus der linken Fußsohle (das Bein hat er über das rechte Knie gelegt) einen Dorn zieht. Im Mittelalter wurde der Dorn als Symbol für die Erbsünde gesehen; der Dornauszieher als vom Wege abgekommenen Sünder[11]. Auf die bekannte Darstellung dieser Figur als Skulptur nimmt Kleist Bezug in seinem Essay über das Marionettentheater, worin dieses Motiv als Beispiel dafür hergenommen wird, „welche Unordnung, in der natürlichen Grazie des Menschen, das Bewußtsein anrichtet.“[12] In der Erzählung kann nämlich ein Jüngling die gleiche, graziöse Sitzhaltung nicht auch nur einmal in gleicher Weise nachmachen, gerade weil er sich bewusst darauf konzentriert, sie nach zu machen. Zum anderen gibt es einen als „Dornauszieher“ bezeichneten Heiligen, nämlich den Hlg. Hieronymus, den Bibelübersetzer. Denn ein Attribut dieses Heiligen ist der Löwe, dem er, der Legende nach, furchtlos einen Dorn aus der Pfote gezogen haben und der daraufhin zahm und sein Weggefährte geworden sein soll.[13]

Das alles ergibt jedenfalls eine schön-starke – und möglicherweise ironisch gemeinte – zu allerlei Assoziationen einladende, verrätselte Symbolik für das Dichten des Autors. Den Lesern, welche diese beiden historisch-kulturellen Bezüge nicht kennen, bleiben sie verborgen.

Wegen der Gnade übrigens wird nicht mehr viel Aufhebens gemacht: Sie degeneriert in diesem Gedicht zu einer Matratze, auf die man sich gegebenenfalls fallen lassen könne.

In dem Gedicht „Passionslied“ im gleichen Abschnitt widmet sich der Autor der Darstellung der Kreuzigung anhand des Mittelteils des dreiflügeligen Isenheimer Altars. Auch diese Tatsache aber behält der Autor für sich. Er macht nicht unmissverständlich kenntlich, dass er genau dieses Altarbild beschreibt, wenn er von dem Sohn am Kreuz spricht, dem Apostel Johannes oder von Mariens Rücken usw. Genannt wird zwar der Name Grünewald, aber nur als einer, der den Fortschritt der Technik, hier: die Röntgenstrahlen, die sein Altarbild mittlerweile durchschauen können, nicht kennen konnte (so dass heute die verschiedenen Übermalungen Grünewalds und die dadurch verschiedenen Figurenpositionen auf dem Altarbild bekannt sind, wie der Autor jedenfalls suggeriert). Als Spott kann nun verstanden werden die Sichtweise des Autors, wonach der Apostel Johannes vor dem Kreuz mit Maria tanzt, anstatt die ohnmächtig werdende aufzufangen, was Grünewald darstellen wollte.

All diejenigen Leser aber, die den Isenheimer Altar nicht kennen, bleiben auch diese Assozia-tions- und Verständnismöglichkeiten verborgen.

Dieses absichtliche Verbergen der unter der Textoberfläche lauernden Wirklichkeits- und Interpretationsbezüge ist ein weiteres Distanzierungsmittel und somit Melancholie-Merkmal.

Offen erkennbar sein aber bleiben und sollen die vielfältigen Hinweise auf Schmerz und Tod, auf das Sterben Früher oder später müssen alle gehen, oder, im Gedicht „Momento“: Das Problem ist also, dass ich von mir wissen werde, / jetzt stirbt er. Bald o.so. … Ach ja, die Hiobspost, das Provisorium, / das bald’ge Sterben. Und, schließlich, eine Strophe weiter: Kann sein, dass traurigem / Bewusstsein alles Verständnis für seine fröhliche Vergangenheit / voller Begierde fehlen wird. Kann sein, dass Morphium das Leben / töten wird, bevor es sich selbst tötet. Begrabt mich doch einfach // auf dem Frankfurter Hauptfriedhof.

An dieser Stelle, an der das traurige Bewusstsein im Text durch Benennung direkt erscheint, wird er fast zum Prosatext, verliert er seinen sonst poetisch-rhythmischen Charakter. Schließlich fragt der Dichter in einem weiteren Gedicht (ohne Titel): „Heißt die Mitte von nicht leben u. noch nicht gestorben sein nicht Schreiben, Monk / …. Am Ende wird ein jeder eingeholt. / Der da oben kennt rein gar nichts, u. heilig ist ihm nichts. Auch Sünde schafft Erlösung.

Deutlich wird hier, aus welcher Perspektive der Dichter schreibt und dichtet: Aus der Perspektive der Mitte zwischen nicht leben und nicht tot sein, aus der Perspektive also der Vorläufigkeit, des Gottesverlustes, der Resignation, des Lebensendes, der Endlichkeit, des Sterbens, wie er auch in seinem Nachwort zu seinem Gedichtband erklärt. Dort heißt es weiter: So ist auch das dem Leben mit der Endlichkeit abgerungene Schreiben ein Schreiben mit dem eigenen aphasischen Dialekt, ein Schreiben mit Patholekt, ein Leiden am Sich-nicht-normgerecht-artikulieren können. Der Autor sieht sein Schreiben, sein Dichten, als Ausdruck seiner Sprachlosigkeit oder mindestens seiner Sprachstörung, die er mit der Endlichkeit des Lebens in einen nicht näher bestimmten Zusammenhang bringt. Und die es ihm nicht möglich macht, sich normal (normgerecht) zu artikulieren. Er führt diese Anomalie auch zurück auf den Verlust der rumänischen Sprache in ihm, bei gleichzeitigem Bemühen um die deutsche Sprache, ein Bemühen, das ihn daran hindert, sich über Grammatikalitäten hinwegzusetzen, was sich bei Lyrik doch anböte. Er sieht sich, anders gesprochen, in der Sprache fremd, nicht in ihr zu Hause, und der, in der er zu Hause war, geht er verlustig. Auch diese Sprachzweifel und -verzweiflung sind Zeichen der Melancholie.[14]

Und der Autor sieht überall Zeichen, die auf den Tod hindeuten: Nicht nur die in Dostojewskis Verbrechen und Strafe beschriebenen langen, geraden Prospekte sind ihm nichts anderes als Perspektiven auf den Tod. Auch die Petersilie ist an den Tod gebunden, ist ein Todeszeichen, wie der Autor überzeugt ist, durch Hinweise im elften Gesang der Odyssee auf die Nekyia, (das Totenopfer sei angeblich die Petersilie dort), durch Hubert Fichtes Erzählung vom „Petersilien-Massaker“ 1937 in der Dominikanischen Republik: Wer das Spanische Wort „Perejil“ nicht korrekt aussprechen konnte, vielmehr „Pelejil“ sagte, sollte als Haitianer gelten und wurde umgebracht. Das Wort für Petersilie also war ein Distinktionsmerkmal, welches über Leben und Tod entschied. Das ist es, was die Petersilie über die Seele weiß und was dem ganzen Gedichtband seinen Titel gibt. Bulucz ist hier der Zeichenleser und Grübler über Zeichen, der den Melancholiker ausmacht. Diese Zeichen aber findet er allein in anderen Büchern, in anderen Erzählungen. Der Aktive, könnte man in Abwandlung einer Formulierung von Walter Benjamin sagen, durchforstet die physische Welt, der Melancholiker Bibliotheken.[15] Dies und überhaupt die zuweilen manische Anfälligkeit für Zeichen hat der Dichter mit W.G. Sebald gemeinsam.

Auch dessen hier zitierter Text steht, wie bereits angedeutet, in einem größeren Zusammenhang. Er ist dem ersten Teil eines als Triptychon angelegten ca. 100-seitigen Langgedichts, Gesamttitel: ‘Nach der Natur‘, entnommen. Dieser erste Teil. wiederum mit dem Titel ‚Wie der Schnee auf den Alpen‘ versehen, beschäftigt sich mit dem Maler, der als Matthias Grünewald bekannt ist. Schnell wird beim Lesen des ganzen Textes klar, dass diese Figur eine ideale Knetmasse in den Händen Sebalds ist. Denn über die Identität und das Aussehen eines Malers, dessen angeblicher Name Matthias Grünewald überhaupt erstmals im 17.Jahrhundert auftauchte, gibt es bis heute keine gesicherten Erkenntnisse.[16] Sebald nutzt diese Lücke nicht nur, um aus Grünewald einen schweren Melancholiker zu machen (seine Kunst nennt er ein pathologisches Schauspiel), sondern seine Bilder, vor allem Körper- und Landschaftsdarstellungen, als Dokumente oder Belege für eine bösartige, gegen die Menschen gerichtete Natur zu sehen. Zur Verdeutlichung sei hier ein größerer Abschnitt aus diesem ersten Teil zitiert:

Dieses ist ihm, dem Maler, die Schöpfung / Bild unserer irren Anwesenheit / auf der Oberfläche der Erde, / einer in abschüssigen Bahnen / verlaufenden Regeneration …
… Der panische Halsknick, / überall an den in Grünewalds Werk / vorkommenden Subjekten zu sehen, / der die Kehle freigibt und das Gesicht / heineinwendet of in ein blendendes Licht, / ist äußerster Ausdruck der Körper dafür, / daß die Natur kein Gelichgewicht kennt, / sondern blind ein wüstes / Experiment mach ums andre / und wie ein unsinniger Bastler schon / ausschlachtet, was ihr gerad erst gelang. / Ausprobieren, wie weit sie noch gehen kann, / ist ihr einziges Ziel, ein Sprossen, / Sichforttreiben und Fortpflanzen, / auch in und durch uns und durch / die unseren Köpfen entsprungenen / Maschinen in einem einzigen Wust, / während hinter uns schon die grünen / Bäume ihre Blätter verlassen und / kahl, wie oft zu sehen auf Grünewalds Bildern, hineinragen in den Himmel, / überzogen das Geäst von einer moosig herabtriefenden Substanz.


Hier wird ein radikal anthropozentrisches Naturverständnis skizziert. Deutlich ist nämlich die Enttäuschung über das Desinteresse der Natur am Menschen zum Ausdruck gebracht – unsinniger Bastler, Ausprobieren, wie weit sie noch gehen kann, moosig herabtiefende Substanz. Dabei erkennt Sebald, dass der Mensch und die von ihm entwickelten Artefakte (vertreten durch die Maschinen) selbst Teil dieser Natur sind. Die Natur wird zugleich mit menschlichen Eigenschaften bedacht, als Subjekt aufgefasst, das rücksichtslos ist gegen den Menschen. Dabei kommt Sebald als Ungläubiger auch nicht auf die Idee, das menschliche Heil doch gegen den Bestand, und diese für ihn so schreckliche Ordnung der Welt, gewinnen zu können. Er kommt gar nicht auf den Gedanken, dass Grünewalds Malerei und deren Gegenstand, das ganz überwiegend aus christlichen Motiven besteht, ein solcher Heilsversuch darstellen könnte und ihm deswegen die Natur nicht sonderlich interessiert, die stets den Hintergrund seiner Bilder ausmacht, farblos, dunkel und vernachlässigt, jedenfalls unschön im Sinne einer Renaissanceästhetik gemalt ist. Für ihn (Grünewald) konnte die Malerei nur ein einziges Ziel haben, und zwar das Ziel aller religiösen Kunst des Mittelalters, nämlich eine Predigt in Bildern zu sein und die heiligen Wahrheiten zu künden, die die Kirche lehrte. Das Mittelbild des Isenheimer Altars zeigt, dass er bereit war, diesem Ziel alles zu opfern. Schönheit, wie die italienischen Künstler sie verstanden, gibt es in diese, krassen, schonungslosen Bild nicht.[17] Sebald behandelt Grünewald ‚etsi Deus non daretur‘.

Bei Sebald gibt es, anders als bei Bulucz, keinen Gott, nicht einmal als nicht ganz ernst zu nehmenden, unwissenden, ironisch skizzierten ‚Gottvater‘, als den da oben, der rein gar nichts kennt und dem nichts heilig ist. Es gibt bei Sebald keine Auseinandersetzung und keine religiöse Deutung der christlichen Motive Grünewalds. Es gibt nur eine sehr subjektiv geprägte und ausgewählte Zeichenerkennung und -deutung, die unter der Prämisse erfolgt, dass sie das zutiefst melancholische, negative, ausschließlich nur Verfall kennende Weltbild des Autors zu beglaubigen in der Lage ist. Allein in diesem Sinne deutet Sebald beispielsweise das Baseler Kreuzigungsbild des Grünewald: In der verkleinert dargestellten Figur Christi und der sich daraus angeblich ergebenden Raumflucht sieht er die sich überstürzende Zeit. Wahrscheinlich hat Grünewald / die katastrophale Umnachtung, / die letze Spur aus dem Jenseits / einfallenden Lichts nach der Natur / gemalt …. An anderer Stelle:  Hier ist gemalt in schlimmer Erodiertheit / und Öde das Erbteil der Zerschleißung / die zuletzt noch die Steine zerfrißt. (Hervorhebung vom Autor).


Wider besseres Wissen will Sebald also uns einreden, Grünewald habe nach der Natur gemalt. Dabei hat er nach seinem Glauben gemalt. Grünewald mutiert unter den Blicken Sebalds hingegen zu einem Maler angeblicher Zeichen ausschließlich des Verfalls und des Vergehens der Zeit und der Natur.[18] Den Glaubensbezug der Grünwald’schen Kunst missachtet Sebald. Und so endet der Grünewaldteil des „Elementargedichtes“ ‚naturgemäß‘ mit einer schon verklärend-schön poetischen Darstellung des Sterbens des Malers: So wird, wenn der Sehnerv/ zerreißt, im stillen Luftraum / es weiß wie der Schnee / auf den Alpen. Sebalds Inanspruchnahme des Malers Grünewald ist also zugleich unhistorisch. (In den anderen beiden Teilen des Triptychons, die hier nicht Gegenstand der Erörterung sind, wird dieses pessimistisch-negative Weltbild anhand des weithin unbekannten, früh verstorbenen deutschen Naturforschers Georg Wilhelm Stellers [1709 – 1746] und schließlich seiner selbst, bzw. seines Großvaters, in gleicher, unhistorischer Weise weiter gepflegt).

Das Thema der Kunst, behauptet Sebald an anderer Stelle, sei die Todesnähe des Lebens.[19] Dieses ganz altmodisch-unzeitgemäß wirkende Kunstverständnis immer wieder zu bestätigen, ist der Impetus und der Sinn des Dichtens und Schreibens dieses Katastrophikers. Hier passt das launige Verdikt des Philosophen Sloterdijk, leicht abgewandelt: Als Belastungszeuge gegen das todesschwangere Ganze[20] gibt Sebald sein Bestes. Woher diese, wieder Sloterdijk, weltwunde Innerlichkeit? Die Schriftstellerin Iris Wolf hat vor nicht langer Zeit in ihrem Beitrag zu dem „Wartburgtagebuch“ Sebald zu den Autoren gezählt, die aus der Tiefe rufen[21]. Daher würden wir mit ihren Texten nicht fertig werden: weil sie ins Offene gehen, rühren sie etwas in uns an. Sebald selbst hat geäußert, er sei Anhänger archaischer Denkweisen[22]. Beides, das Rufen aus der Tiefe und die archaischen Denkweisen führen bei Sebald offenbar zu einem Weltbild, in dem die Natur, die Welt selbst, der ganze Kosmos, dem Menschen als etwas Fremdes entgegensteht. Oder, andersherum, intensiver: der Mensch steht als Fremder im Kosmos, in der Natur, oder wie Sebald in den Ringen des Saturn typisch sebaldisch diese Standortbestimmung des Menschen mit einer melancholisch-schönen Formulierung charakterisiert: Das Ausländische des Menschen in der Natur.

Sebalds Gedicht offenbart eine radikal negative Bestimmung der menschlichen Stellung in der Natur, in der Welt, im Kosmos. Und das ist in der Tat sehr altes Denken, ein gnostisches Denken, dem hier, bei Sebald, freilich scheinbar jegliches Heilsversprechen fehlt. Der Mensch ist nach dieser alten Weltsicht von der Welt, aber nicht in der Welt.[23] Die konsequente Folge ist: Melancholie. Das meint auch: Die gnostische Differenz schafft eine neue Sprache der Unzufriedenheit mit der Welt – sie löst dem stummen Geist der großen Verneinung die Zunge. Indem sich die Seele „eigentlich“ einer weltlosen Sphäre zurechnen darf, gewinnt sie vom unvereinbaren Ort In-der-Welt aus der Möglichkeit, alles zu verneinen, was Von-der-Welt ist.[24]

Der oben zitierte Begriff des „Ausländischen“ macht aufmerksam auf eine biografische Gemeinsamkeit der beiden Autoren: Beide sind aus ihren ursprünglichen Heimatländern ausgereist, ausgewandert, emigriert, vielleicht sogar auch: geflohen. Bulucz aus Rumänien nach Deutschland und Sebald von Deutschland nach England. Und diese biografische Tatsache, die Bulucz im Gedicht Erinnerungen, Defragmentierungen und eben im Nachwort und Sebald im dritten Teil (betitelt mit Die dunckle Nacht fahrt aus) seines Triptychons (und an vielen anderen Stellen seiner Bücher) ansprechen, führt ebenfalls konsequent zur Melancholie. In einem Essay zum hundertsten Geburtstag des früheren Dissidenten und späteren Stalinverehrers Alexander Sinovjew, nennt Bulucz auch einen wesentlichen Grund: Die Menschen emigrieren, ihre Seelen nicht.[25] Heimatlosigkeit, Fremdsein in einem fremden Land (und einer fremden Sprache), Flucht und Flüchtling sind weitere deutliche Symbole der Melancholie. Im Zuge der frühen Gleichsetzung des griechischen Kronos mit dem römischen Saturnus, (als Gott der Melancholiker) wurden dessen negativen Eigenschaften um das des gehetzten Flüchtlings vermehrt.[26] Er war immerhin übers Meer geflohen nach Latium.[27]

Mit diesem Text und Gedankengefüge beider Autoren kommt zugleich ein altes, antik-griechisches, zutiefst pessimistisches Verhältnis zum Leben und zur Natur zum Ausdruck. Platon verkündete bekanntlich durch den Mund des Sokrates: „Alle die, welche sich mit Philosophie richtig befassen, beschäftigen sich offenbar, ohne daß die anderen es merken, eigentlich mit nichts anderem als mit dem Sterben und mit dem Totsein. Ist dem nun so, dann wäre es doch widersinnig von ihnen, das ganze Leben hindurch kein anderes Ziel vor Augen zu haben, wenn es dann aber so weit ist, über das unwillig zu sein, was sie so lange begehrt und worum sie sich bemüht haben.[28] Da ist es nur konsequent, dass der sterbende Sokrates seinen Schüler Kriton auffordert, dem Asklepios einen Hahn als Dankesopfer darzubringen.[29] Das Leben ist eben eine Krankheit, wird uns damit noch einmal symbolisch-hinterlistig eingebläut. Die weitere Konse-quenz dieser Haltung können wir in der Bibel nachlesen: Da lobte ich die Toten, die schon gestorben waren, mehr denn die Lebendigen, die noch das Leben hatten; und besser denn allen beiden ist, der noch nicht ist und des Bösen nicht innewird, das unter der Sonne geschieht; Prediger Salomo, 4, 2,3; oder etwa im 1. Brief des Johannes: „Habt nicht lieb die Welt, noch was in der Welt ist. So jemand die Welt lieb hat, in dem ist nicht die Liebe des Vaters.“ (1. Johannes, 2,15) und, noch deutlicher: Wisset ihr nicht, daß der Welt Freundschaft Gottes Feindschaft ist? Wer der Welt Freund sein will, der wird Gottes Feind sein (Jakobus 4, 4). Das Christentum übernimmt also das pessimistische Verhältnis zum Leben und zur Welt von den alten Griechen und steigert es noch einmal: Die Welt ist nicht die unsere, sie hat uns nicht zu interessieren, schon gar nicht dürfen wir sie lieben.

Bulucz bezeichnet im Nachwort seines Gedichtbandes sein Schreiben als eines vom Ende her und somit auch als ein Bemühen, sich mit seinen Schicksalsgenossen über ein Universalthema zu verständigen. Das Universalthema ist das bewusste Leben mit der Endlichkeit, der Sterblichkeit, der großen Vorläufigkeit. An anderer Stelle des Nachwortes heißt es: So ist mir das Schreiben vom Ende her auch eines von den potenziellen Lesern her: von der Lesbarkeit literarischer Texte als eine Gestalt der Verständigung. Bulucz betont also ausdrücklich den kommunikativ-sozialen Charakter seines melancholischen, der Endlichkeit des Lebens abgerungenen Schreibens und zugleich des Lesens dieses Geschriebenen durch die Leser. Die „Schicksalsgenossen“ – und das sind alle Menschen, weil alle Menschen sterblich sind – sollen sich der Tatsache bewusst sein, dass das Leben von Anfang an nichts anderes ist als eine Perspektive auf den Tod.

Indem er mit seiner Dichtung alle Menschen ansprechen und mit den Lesern in einen Dialog treten will, sich mit ihnen verständigen will, hat er vor, so formuliert er es in seinem Nachwort, zugleich Mitgefühl [zu] ermöglichen sowie Trost zu spenden.

Das heißt auch zugleich: Wo kein Gott ist, der Trost bieten könnte (oder der christliche Gott zumindest nicht mehr ernst genommen werden kann), da ist - das Gedicht.

Hier unterscheidet sich Bulucz von Sebald, dessen Schreiben keine Erlösung vom schrecklichen Geworfensein des Menschen in die schreckliche Natur bietet, der vielleicht nur einen winzigen Trost darin spürt, „wie sich die Strömung der Zeit im Gravitationsfeld der vergessenen Dinge verlangsamt.“[30] Bulucz hingegen sieht sich als „Dialogiker“, der sein Schreiben vom Ende her auch als eines vom potentiellen Leser her verstanden wissen will, wie er in seinem Nachwort erklärt. Der literarische Text ist ihm eine Gestalt der Verständigung. Und diese Gestalt der Verständigung kann als Minimalform der Erlösung oder eines Trostes verstanden werden.

Die dichterische Betätigung des Melancholikers oder die Melancholie des Dichters sind vornehmlich seit der Renaissance selbst Gegenstand von Gedichten und Abhandlungen, hat also Tradition, in die Sebald, besonders aber Bulucz sich nahtlos einfügen. Immer schon korrespondierten Leiden (Melancholie) und Heilen (Dichten) miteinander: Mit der Vorstellung vom Kunstwerk als notwendiger Frucht eines Leidens verbindet sich so jene andere, wonach im Schreiben eine heilende, versöhnende Kraft liegt, die das ‚Leid‘ aus dem das ‚Lied‘ erwachsen ist, in diesem überwindet. (Ludwig Völker).[31] Schon der Barockdichter Andreas Tscherning (1611-1659) erkannte in seinem Gedicht Melancholey Redet selber messerscharf den Charakter der Melancholie und den Selbstbezug melancholischen Dichtens: Indessen bleib ich doch stets eine Poetinn // Besinge meinen fall / und was ich selber bin.[32] Das literarische Schreiben ist als Ersatzhandlung des ansonsten inaktiven, handlungsgehemmten aber über sich selbst und seine Weltlage ständig reflektierenden Subjekts gesehen worden, mit der er noch eine gewissen Nähe zur Welt bewerkstelligt[33] (dazu gehört Bulucz‘ Dialogangebot). Das gilt umso mehr, wenn Weltuntergänge, wie Hans Blumenberg meint, Metaphern sind für „zerebrale und emotionale Katastrophen.“[34] Der schreibende oder dichtende Melancholiker tröstet sich selbst, weil er meint, nur das Geschriebene, die Schrift, könne dem unaufhaltbaren Vergehen und Verschwinden entgegengesetzt werden und den Tod bannen. Was geschrieben steht, ist festgehalten, ist dem Verschwinden und dem Vergessen enthoben. Die Zeit ist im Geschriebenen aufgehoben.[35]

Das Dichten (und das Lesen des Gedichteten) erscheinen demnach als melancholische Einübung in das Sterben, so wie im Gefolge der alten Griechen das Philosophieren als eine solche Einübung gesehen wird. Die beiden Texte von Bulucz und Sebald sind daher par excellence Ausdruck eines spätestens seit der Renaissance bekannten dichterischen Selbstverständnisses und des Krisen-bewusstseins der Gegenwart.

Fassung vom 28.02.2023


[1] Philip Reclam jun., Stuttgart, 1983, S. 49
[2] Vgl. beispielhaft nur: Felix Stephan: Ein deutscher Plünderer? In: Süddeutsche Zeitung, 14.12.2021, S. 12, eine Besprechung von Carole Angier: „Speak Silence. In search of W.G. Sebald“, London, 2021. Die Entgegnung dazu von Wolfgang Matz: Nahtstellen der Fiktion, in: FAZ vom 29.12.2021, S. 9; und Paul Jandl: Ein Vorwurf geistert durch die Literatur… in: NZZ vom 12.1.2022 und Thomas Steinfeld: Ungeheures Anteilnehmen, Besprechung der deutschen Ausgabe der Biographie von Angier, Hanser, 2022 in: SZ, vom 3./4. 12. 2022, S.77.
[3] Ludwig Völker: Vorwort zur Anthologie deutscher Melancholie-Gedichte, „Komm, heilige Melancholie“, Reclam, Stuttgart, 1938, S.39.
[4]  So Hugo Dittberner: W.G. Sebalds Schreiben, in: Text + Kritik Nr. 158, München 2003, S. 8.
[5] So Anne-Sophie Donnarieix: Leben nach der Apokalypse, in: Berger et.al.: Leben am Ende der Zeiten, Frankfurt 2021, S. 76.
[6]  So jedenfalls S.J. Gudlaugsson in: Kindlers Malereilexikon, München 1982, Bd. 2, S. 77 ff.
[7]  E.H. Gombrich: Die Geschichte der Kunst. Phaidon Verlag, Berlin 2006, S. 270/1.
[8]  Raymond Klibansky, Erwin Panofsky, Fritz Saxl: Saturn und Melancholie, stw, 7. Aufl. 2013, S. 343.
[9]  Ich folge hier im Wesentlichen der Argumentation von Klibansky et.al, a.a.O.
[10] So Thomas Steinfeld, a.a.O. (Fn 3).
[11] Wikipedia, Stichwort Dornauszieher.
[12] Heinrich von Kleist, Sämtliche Werke, Wiesbaden o.J., S. 985.
[13] Vgl. beispielhaft: Wikipedia, Stichwort Hieronymus, oder Dürer, Hieronymus im Gehäus, oder Navid Kermani: Ungläubiges Staunen. Über das Christentum, München, 2015, S. 132.
[14] Wobei wir uns an einen anderen Melancholiker, nämlich Hugo von Hofmannsthal und seinen ‚Chandos-Brief‘ erinnert fühlen.
[15] Die Renaissance durchforscht den Weltraum, das Barock die Bibliotheken, notiert Benjamin im Zusammen-hang mit der Beschreibung und Bewertung von Dürers Kupferstich ‚Melencholia‘, in: Der Ursprung des deutschen Trauerspiels, Frankfurt 1972, S. 152.
[16] Vgl. dazu den ausführlichen Wikipedia-Artikel über Grünewald, gemäß dem nach dem gegenwärtigen Stand der Wissenschaft kein authentisches Bild des Künstlers überliefert ist, sowie den Beitrag „Matthias Grünewald“ von Heinz Ladendorf in der von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften verantworteten Internetseite „Deutsche Biographie“, abrufbar hier:
https://www.deutsche-biographie.de/sfz24213.html.  
E.H. Gombrich schreibt in seiner „Geschichte der Kunst“, es sei verwunderlich, dass von dem einzigen deutschen Maler, der sich künstlerisch und von seiner Bedeutung her mit Dürer vergleichen lasse, nicht einmal der Name bekannt sei.
[17] E. H. Gombrich: Geschichte der Kunst, a.a.O. Seite 266.
[18] Sebald greift diese Charakterisierung Grünewalds und der Grünewaldbilder an anderer, späterer Stelle seines Werkes wieder auf, nämlich in der Gestalt des von ihm so genannten Malers ‚Max Aurach‘, den er von Manchester nach Colmar fahren und den Isenheimer Altar „ausstudieren“ lässt. Fast wortgleich beschreibt diese Figur in der gleichnamigen Erzählung die auf den Bildern angeblich gemalte „Ungeheuerlichkeit des Leidens, das ….die ganze Natur überzog.“ W.G. Sebald, Die Ausgewanderten, Frankfurt 2009, 13. Aufl., Seite 253.
[19] Wie Tag und Nacht… Über die Bilder Jan Peter Tripps, In: Logis in einem Landhaus, München 1998, S. 178.
[20] Peter Sloterdijk: Die wahre Irrlehre: Gnosis, in: Nach Gott, Berlin 2018, S. 97.
[21] Iris Wolf, Uwe Kolbe, Senthuran Varatharajah: Der Augenblick nennt seinen Namen nicht. Wartburg Tagebücher, Salzburg-Wien 2022, S. 37.
[22]  W.G. Sebald: Auf ungeheuer dünnem Eis. Gespräche 1971 bis 2001, Frankfurt 2011, S. 84, zitiert nach: Michael Sethe, W. G. Sebald und die Melancholie. Norderstedt, 2021, S. 14.
[23] Sloterdijk, a.a.O. S. 77.
[24] Ebda. S. 79.
[25] Alexander Bulucz: Die Menschen emigrieren, ihre Seelen tun es nicht, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 29.10.2022, Seite 18.
[26] Klibansky et.al, a.a.O. S. 213.
[27] Ebda. S. 457.
[28] Platon, Phaidon, 64b, in: Platon, Die großen Dialoge, Zürich und München, 1991, S. 343.
[29] Platon, ebda, 117e, Seite 433.
[30] Zitiert nach: Ruth Klüger: Wanderer zwischen falschen Leben, in: Text + Kritik, a.a.O. S. 102.
[31] A.a.O. (Fn 3), Seite 27.
[32] A.a.O. (Fn 3), Seite 303.
[33] Wolf Lepenies: Melancholie und Gesellschaft. Frankfurt 1998, S. 193/194.
[34] Hans Blumenberg: Schnitzlers Weltuntergänge, in: Ein mögliches Selbstverständnis, stw 2371, S. 49.
[35] Sigrid Löffler: Melancholie ist eine Form des Widerstands, in Text + Kritik, a.a.O. S. 110.


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