Peter Salomon: Der Außerirdische
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Stefan Hölscher
Peter Salomon: Der Außerirdische. Stories. Aachen (Rimbaud Verlag) 2022. 85 Seiten. 22,00 Euro.
Schlanke Jungens in dreckigen Jeans
„Stories“ steht als Genrebezeichnung auf dem Cover des jüngst im Rimbaud Verlag erschienenen neuen Buches von Peter Salomon mit dem Titel: „Der Außerirdische“. Der vor der ersten Story prangende Hinweis, dass „die Geschichten dieses Buches … frei erfunden“ seien, steht dabei in markantem Kontrast zu dem sich beim Lesen aufdrängenden Eindruck, dass die stories letztlich alle ziemlich direkt von biographischen Episoden des Autors handeln – ein Eindruck, den einem auch die anderen literarischen Arbeiten von Peter Salomon immer wieder vermitteln können.
Der Band ist schlank:
auf knapp 90 Seiten im Kleinformat versammelt er knapp zwei Dutzend
Geschichten, die Namen tragen wie „Granate“, „Nachtigall“, „Telefonat mit
Herbert von Karajan“, Hühner-Hugo“, „Schwur“, „Blonder Junge mit roter
Turnhose“ etc. Die Geschichten erzählen von erotischen, aber auch ganz anderen
Begegnungen, etwa wenn der Ich-Erzähler, der wie Salomon Anwalt ist, auf zwei
der Söhne von Adolf Eichmann trifft, die ihn beauftragen, gegen „falsche
Tat-sachenbehauptungen“ in einem Buch juristisch vorzugehen. Immer wieder
verbindet sich in den stories das Alltägliche oder Berufliche mit dem
Erotischen: das, was Männer an Männern anziehend finden können oder was Männer
mit Männern sexuell tun, wird genauso direkt und schnörkellos beschrieben wie
die Beschaffenheit der dem Ich-Erzähler von seinem Vater, der wie Salomons
Vater Arzt war, geschenkten „Granate“.
Die Stories werfen
immer wieder Schlaglichter auf die Zeit, aus der Salomon kommt: auch auf das
Thema des unseligen $ 175 und der von Alt-Nazis durchsetzten deutschen
Nachkriegsjustiz. Vor allem aber kreisen sie immer wieder um Bilder von „Jungens“
und Männern mit schlanken Körpern, die in enge, verwaschene und recht dreckige
Jeans gehüllt sind.
Peter Salomons stilistisches Markenzeichen ist
das Lakonische und gänzlich Unverblümte – auch in seinen „schwulen Gedichten“,
wie er sie besonders in dem auch bei Rimbaud erschienenen Band „Mylord“
vorgestellt hat. Verbunden mit der Kürze des Bandes führt die Lakonie dazu,
dass sich die stories im „Außerirdischen“ mühelos in ein bis zwei Stunden
komplett lesen lassen. Für diejenigen, die sich für schwule und
historisch-autobiographische Impressionen erwärmen können, mag das Buch ganz
interessant sein. Ob es Spuren beim Lesenden hinterlässt, kann wohl nur jede*r
für sich entscheiden. Ich hatte den Eindruck, dass mir die stories vieles von
dem nochmal etwas ausführlicher erzählen, was mir die schwulen Gedichte des
Autors schon mitgeteilt hatten. Aber nett sind sie trotzdem.