Manuel Chaves Nogales: Deutschland im Zeichen des Hakenkreuzes
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Jan Kuhlbrodt
Manuel Chaves Nogales: Deutschland
im Zeichen des Hakenkreuzes. Aus dem Spanischen und eingeführt von Frank
Henseleit. Köln (Kupido Literaturverlag - Abt. 1 Reportagen &
Journale, Bd. 5) 2022. 250 Seiten. 24,80 Euro.
Manuel Chaves Nogales als
prophetischer Beobachter.
Heute ist Tag der deutschen
Einheit, der deutsche Nationalfeiertag, der 3. Oktober.
Im Fernsehen laufen die üblichen
Reden, etwas gedämpft in diesem Jahr durch den Krieg in der Ukraine. Unter der
feierlichen Oberfläche wächst die Furcht vor dramatischen Veränderungen, von
denen die Energiepreissteigerungen wohl nur die Spitze des Eisberges
darstellen.
Derweil lese ich in einem Buch, das
jüngst im Rahmen einer Werkausgabe des spanischen Autors und Journalisten Manuel
Chaves Nogales erschienen ist und eine Reihe von Artikeln dokumentiert, die er
1933 für die spanischen Zeitschrift AHORA geschrieben hat. Herausgegeben und
übersetzt wurden sie von Frank Henseleit im Verlag kupido: Deutschland im
Zeichen des Hakenkreuzes.
Nogales bereist also kurz nach der
Machtergreifung der Nazis Deutschland und nimmt Stimmungen auf, berichtet über
die ersten schrecklichen Umtriebe der Nazis, sieht die Trübungen am politischen
Horizont, die Europa ein paar Jahre später mit tiefster Finsternis überziehen
werden.
Dabei registriert er und berichtet
über Militarisierung des Alltags, der Verschiebung und Transformation der
Meinungen in der Alltagsgesellschaft. Geradezu prophetisch ahnt er die
kommenden Kriege voraus und sieht die Illusionen, an die man sich seitens der
Alliierten nach dem ersten Weltkrieg hinsichtlich der deutschen Ohnmacht zu
machen gewöhnt hatte. Dass das faschistische Deutschland ein paar Jahre später
seine kriegerische Kraft mit der Legion Kondor an der Seite Francos erproben
sollte, konnte Nogales, als er die Reportagen schrieb, noch nicht wissen, ist
aber auch ein Zeichen für die Tragik europäischer Geschichte, die sich wiederholt.