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John Donne: Tod, sei nicht stolz (Àxel Sanjosé)

Gedichte > Klassiker
John Donne

Aus dem Zyklus der Heiligen Sonette oder Göttlichen Meditationen

Tod, sei nicht stolz

übersetzt von Àxel Sanjosé


Death, be not proud, though some have called thee
Mighty and dreadful, for thou art not so;
For those whom thou think'st thou dost overthrow
Die not, poor Death, nor yet canst thou kill me.
From rest and sleep, which but thy pictures be,
Much pleasure; then from thee much more must flow,
And soonest our best men with thee do go,
Rest of their bones, and soul's delivery.
Thou art slave to fate, chance, kings, and desperate men,
And dost with poison, war, and sickness dwell,
And poppy or charms can make us sleep as well
And better than thy stroke; why swell'st thou then?
One short sleep past, we wake eternally
And death shall be no more; Death, thou shalt die.
Tod, sei nicht stolz, auch wenn dich manche nannten
mächtig und schrecklich: Nein, so bist du nicht;
Denn jene, die du zu besiegen meinst,
Die sterben nicht – selbst mich kannst, Armer, du nicht töten.
Aus Rast und Schlaf, und das sind ja nur deine Bilder,
Entspringt viel Wohlsein – wieviel mehr dann erst aus dir,
Und bald gehn unsre besten Leute mit dir mit,
Du Rast ihrer Gebeine und der Seel’ Befreiung.
Sklave von Schicksal, Zufall, Königen, Verzweiflung,
Wohnst du mit Gift und Krieg und Krankheit stets,
Doch Zauber oder Mohn bringen genauso Schlaf,
Und besser als dein Hieb – was machst du dich so wichtig?
Nach einem kurzen Schlaf werden wir ewig wachen,
Und Tod gibt es dann nimmermehr; Tod, du wirst sterben.


1633
Àxel Sanjosés "Kurzer Kommentar vorab":

Die Donne-Übertragung von Jan Kuhlbrodt gefällt mir sehr gut. Sie emanzipiert sich vom zwanghaften, heute noch so oft als prioritär angesehenen Reim zugunsten einer unverdrechselten Sprache und gibt die Gebundenheit des Originaltextes durch metrisiert-rhythmische Strukturen wieder, meist jambisch, ohne jedoch sklavisch Versfuß für Versfuß zu zählen. Das schwebt auch mir beim Übersetzen vor: möglichst große semantische Treue, ohne deshalb in interlineare Sprödigkeit zu verfallen.

Drei Details haben mich allerdings etwas irritiert:
In der 3. Zeile halte ich die Wiedergabe von »For those« durch »Für jene« für einen Verleser. »For« ist hier keine Präposition, sondern leitet als kausale Konjunktion den Satz ein: »For those ... die not« = »denn jene ... sterben nicht«, sinngemäß »Denn jene, die du zu überwältigen glaubst, sterben nicht, du armer Tod, nicht einmal mich kannst du töten« (insofern auch »die« in Z.4 nicht 2.P.Sg., sondern 3.P.Pl.)
In Z. 8 ist m.E. »delivery«, nicht in seiner Bedeutung im 17. Jahrhundert erkannt, wo »deliver« in etwa ›befreien‹ bedeutet. Auch »rest« meint hier nicht den dt. ›Rest‹, sondern ›Ruhe, Rast‹ (identisch mit »rest« in Z. 5). Die Zeile fungiert als Apposition zu »thee« in der vorangegangenen Zeile und apostrophiert den Tod als »Rast ihrer Knochen und Seelen-Befreiung« (nämlich der »best men«, die »with thee do go«).
Z. 10: »And dost with poison, war, and sickness dwell«: Hier geht es nach meinem Verständnis nicht darum, dass der Tod sich mit diesen Dingen »bewährt« hat, sondern um einen Ausdruck des Mitleids mit ihm: »Du bist Sklave ... und tust mit Gift, Krieg und Krankheit zusammenwohnen [du armes Schwein]«.
Dies hat mich bewogen, es mit einer eigenen Version zu versuchen. Auch bei mir kein Reim, lediglich Abwechseln der Kadenzen (weiblich/männlich) als Abdruck des (umfassenden) Reims; Jamben (vorwiegend sechshebig) und hin und wieder Anaklasis.
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