Direkt zum Seiteninhalt

Helmut Schelsky: Einheit der Wissenschaften

KIOSK/Veranstaltungen > Lyrikpreis München 2024
Helmut Schelsky
Einheit der Wissenschaften


Wie sich Naturwissenschaften, soziale Handlungswissenschaften und historische Kulturwissen-schaften heute in ihren Erkenntnisformen zu gegenseitigen Hilfswissenschaften geworden sind, so ist auch die wissenschaftliche Bildung heute auf diese Triade der Wissenschaftsgebiete in ihrer gegenseitigen Zuordnung angewiesen. Eine ideal konstruierte Universität müßte heute auf dieser fundamentalen Dreiheit der Wissenschaftsformen aufgebaut werden.
Damit ist die wissenschaftliche Bildung nach wie vor an eine Konzeption von der Einheit und Ganzheit der Wissenschaften gebunden. Allerdings ist die Klage, daß wir heute kein einheitliches philosophisches Weltbild mehr haben, nun genug geplärrt; diese rückwärts gewandte Sehnsucht verhehlt sich, daß zu ihrer Erfüllung eine Reprimitivisierung des Bewußtseins und der Welt erforderlich wäre, die im Ernst niemand eingehen kann noch will. Der Ort der „Ganzheit“ der Wissenschaften liegt heute woanders, und die „Einheit“ der Wissenschaften muß auf anderen Erkenntniswegen erstrebt werden als in philosophischen Synthesen. Die Natur- und Sozialwissen-schaften bilden übrigens bereits darin eine „Ganzheit“, daß sie als Handlungswissenschaften in der gesellschaftlichen Praxis zusammentreffen.

(1962, in "Bildung durch Wissenschaft")


Zurück zur Übersicht Poesie- und Technik-Box



Zurück zum Seiteninhalt