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Xosé María Álvarez Cáccamo: 1

Werkstatt/Reihen > Reihen > Brückensprache
Foto: privat
Pepe Cáccamo

Sechs Gedichte
Aus dem Galizischen mit Hilfe des Autors und einer spanischen Version Timo Berger


1

Der Regen war Krieg. Ich hatte keinen Namen und weinte inmitten blauer Explosionen.
Vor den Schichten eines offenen Meeres am Schlackestrand
spürte ich ein Schiff vorbeifahren, havariert, ziellos, lodernd. Und fragte nach dir, einzigartiges, stilles, nächtliches Porzellan,
verletzter weißer Körper. In der Nacht der ersten Feier ohne Stimme
erkannte ich das Bett, als ob es meines wäre, und sagte: „Dieses Schlafzimmer ...“
Aus dem Süden stieg eine Stimme wie aus der Tiefe des Wasser auf. Sie lähmte das von Vögeln und Salpeterschnee besetzte Haus.
Hinter der Zedernblüte eines sonntäglichen Gartens spürten wir die tote Stunde eines unmöglichen Lebens. Über die verbrannten Plätze
flossen die leisen Flüsse und die verlorenen Kinder sangen eine Zahl. Ich floh vor dir
und kehrte stets mit Flaschen, Rätseln und versiegelten Worten zurück.
Die Zeit grenzte an die Jahreszeit der immertrockenen Märzblumen. Du kanntest die Frist
jener Liebe. Lauschtest dem Fluss, während ich, verirrt, Gefangener anderer Erinnerungen,
vor den Schichten eines zerstörten Ozeans starb.
Für einen Planeten mit blauen blinden Augen warst du bestimmt, ich erfuhr nie vom Erblühen deiner Legende,
nächtliches Porzellan, wach lebtest du im leichten Sand der Höhe des Tages
und sangst nackt, unerwartet, traurig.
Was wurde aus deinem Irrwegen durch das verbrannte Tiefland? Wie erinnerst du das Lachen, mit dem ich dich weckte, und die drei toten Worte, die ich gebrauchte, um aufzubrechen?

Von jener Liebe bewahre ich einen Nebel zwischen Gazen, die aus Gezeitentümpeln aufsteigen, den graue Schmetterling, die zerschellten Flügel des Nieselregens an der herbstlichen Scheibe,
und ein exaktes Instrument, um die Winkel
des Lichts zu messen, des Gedächtnisses. In mir Schweigen, die Nachbildung deines Schweigens, unmögliches Geschöpf, Eisblume in der Luft.

1

A chuvia era de guerra. Eu xa non tiña nome e choraba no centro das explosións azuis.
Detido fronte ás láminas dun océano aberto sobre a praia de escoura
sentín pasar un barco que viña desfondado, ardendo sen destino. E perguntei por ti, silenciosa, senlleira, porcelana nocturna,
corpo branco ferido. Na noite da primeira celebración sen voz
recoñecín o leito como se fose meu, e dixen: "Esta alcoba..."
Do sul viña unha luz como de fondo de auga. A casa esmorecía ocupada de páxaros e neve de salitre.
Nun xardín de domingo, detrás da flor dos cedros, sentimos a hora morta dunha vida imposíbel. Polas prazas queimadas
baixaban ríos quietos e os nenos extraviados recitaban un número. Eu fuxía de ti
e regresaba sempre con botellas, enigmas e palabras de lacre.
O tempo limitaba coa estación das perpetuas flores secas de Marzo. Ti sabías o tempo
do final dese amor. Escoitabas o río mentres eu, desnortado, preso doutras memorias,
morría fronte ás láminas dun océano roto.
Destinada a un planeta de ollos cegos azuis, nunca puiden saber a flor da túa lenda,
porcelana nocturna que vivías desperta nas areas delgadas do alto da mañá
e cantabas espida, sorprendente, infeliz.
¿Que foi do teu vagar polas veigas queimadas? ¿Como lembras o riso con que te despertei e as tres palabras mortas que usei para marchar?

Daquel amor conservo unha brétema en gasas que soben das enchousas, a bolboreta gris, asas rotas de orballo contra os cristais de outono,
e un instrumento exacto para medir os ángulos
da luz e da memoria. Dentro de min, silencio, copia do teu silencio, criatura imposíbel, flor de xelo no ar.

O lume branco, 1991.


Xosé María Álvarez Cáccamo, geboren 1950 in Vigo, Galicien, Spanien, ist Dichter, Literaturkritiker und Autor von visueller und Objekt-Poesie. Außerdem hat er Erzählungen, Theaterstücke, Kinderbücher, Biografien und Memoiren veröffentlicht. „Ancoradoiro. Obra poética (1983-2003)“, erschienen 2003, ist eine Sammlung seiner bisher veröffentlichten Gedichte. Im Jahr 2004 erschien in einer zweisprachigen spanisch-galizischen Ausgabe eine Anthologie seines poetischen Werks unter dem Titel „Habitación del mar. Antología, 1983-2003“. Seitdem hat er mehr als zehn Bücher in verschiedenen Genres veröffentlicht.
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