Werner Weimar-Mazur: Moria 2021
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Werner Weimar-Mazur:
Μόρια | Γκρἀιφσβαλντ (chant noir)
για την Σιβύλλα
Du meinst, ich solle deiner gedenken und dich lieben?
Auch wenn du mich verlässt, sei nicht so toll!
Ich habe dir schon oft zuvor geschrieben:
Dass niemand Eisen, Stein und Klötze lieben soll.
(adaptierte Übertragung, Sibylla Schwarz: Epigramma)
rudere mit mir zur insel
liebchen
wo die boote nicht festmachen
dürfen
im nächsten leben werde ich
wiederkehren
als ein strand für die boote
vom festland
die wellen eines südlichen
meeres dringen in mir vor
trunkene burschen und schlaue
mädchen
wiegen sich in den armen des
windes
heben sie an zu gesängen
einer anderen zeit
alles ist schön alles ist neu
baby
wenn du die augen schließt
komme ich auch am tag
fühlst du die nacht
die kanonenboote sind lange
schon abgezogen
der meeresgott selbst hat sie
befohlen
warte nicht auf mich
rudere weiter in ein anderes
meer
ein grünes
mit gold an den küsten
erstarrt sind die käfer die
fliegen
lass sie schlafen neben
findlingen
aus nordischem granit neben
gräbern
sticht mein vater aale
rudern wir ihm entgegen
toteis legt sich neben die
stadt
schmiegen wir uns an seine
lenden
schlage deinen leib gegen
meinen
wie das wasser schlägt gegen
die kaimauer
zum geschrei der raubmöwen
zum geschrei der ertrinkenden
vom grund steigen schmerzen auf
im schlamm ist es kalt
reiben wir uns wund an der zeit
[in der bewertung später heißt
es
es war krieg]
Erstveröffentlichung
in: Und bey den liechten Sternen stehen. Gedichte zu Sibylla Schwarz‘ 400.
Geburtstag, herausgegeben von Berit Glanz und Dirk Uwe Hansen. Anthologie, 170
S., Leipzig (Reinecke & Voß), 2021. 16,00 Euro, ISBN 978-3-942901-46-8
