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Verena Stauffer: Quasten

Werkstatt/Reihen > Reihen > Das besondere Gedicht
Foto: Michael Inmann
Verena Stauffer:

Quasten


Gedanken formen Bilder, die ich um ein Tuch drapiere
Damit auf es mein Muster fällt; Schatten wilder Tiere
Denn nicht nur ich will werden, wer ich bin

Sondern auch die Stores sollen Logen sein
Aus Brunnen, Feuern, sich bäumenden Pferden
Logen als Elogen von Träumen, diesen Beeren

Mein Wille dreht zur Quaste, verstrickt sich eng
Eingekordeltes Ich, zieht die Zellen dicht zusammen
So turne ich als Welle am Zirkustrapez, breche stets

Wolken-Brokat, Blumen und Goldschnur verstickt
Himmelsgardinen bewachen den Blick
Damit drinnen, in der Manege, was sein will geschieht

Dein Mund ist Tau auf meinem, sanfter Schnee
Was du nie sagtest, ist, was ich versteh, verzeih
In deiner Stimme Bett finde ich der Gräser Schlaf

Wenn ich meine Augen schließe, geben deine nach
In meinem Herzen klirren ungeschliff’ne Steine
Tücher, diese Arme, sie sind deine, bald raube ich

Ich raube mein Leben, dir sei Dank
Um zu sein, was ich schon immer habe
Den Stoff zu legen, aus mir selbst, den Samt


Aus den Corona-Tagbüchern des Literaturhauses Graz, vom 27. Dezember 2020. Gedruckt in: „Geschlossene Gesellschaft“, Frankfurter Verlagsanstalt, Frankfurt am Main, 2021.
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