Direkt zum Seiteninhalt

Ulrich Grasnick: Welt des Fischlandes

Gedichte > Gedichte der Woche

0
Foto: Gerald Zoerner
Ulrich Grasnick

Welt des Fischlandes

Die Zeit in Ahrenshoop kam uns wie ein Märchen
und wie ein einziges Fest vor, erfüllt vom Glanz
des Ungewohnten.
Käthe Miethe (1893-1961)*

Zwischen Meer und Bodden
das weiße Verwirrspiel der Möwen.
Ein leichter Schwarm
im Aufwind deiner Worte.

Schreiben wie ein Landgang von einer,
die wusste, was Seefahrerzeit heißt:
ins Wasser springen,
Schwimmen lernen,
sich auskennen in allen Stürmen,
inmitten aller Fallstricke von Nebel
das rettende Ufer,
die Lichtung der letzten Seite erreichen.
Du kanntest die Tiefe,
dein Herz Lot ihres Echos.

Hier am Bodden,
fand dein meerwärts wanderndes Auge
seine Anker.

Stumm ist noch immer dein Haus.
Die vorhanglosen Fenster
haben nichts als Bett und Bücher zu bergen.

Erstarrt noch so vieles — bis auf dein Bild,
das hellwach den Schlaf aus dem Haus treibt.


*Käthe Miethe (1893-1961) … Schriftstellerin, Journalistin, Übersetzerin, lebte viele Jahre in Ahrenshoop / Darß


Ulrich Grasnick, geb. 1938 in Pirna, lebt in Berlin. Lyriker. Bis 1973 Ensemble-Mitglied der Komischen Oper Berlin. 1973-1990 mehrere Buchausgaben im Verlag der Nation, Berlin. Letzte Einzelveröffentlichungen: „Fermate der Hoffnung“. Hommage an Marc Chagall (Anthea Verlag, 2018), „Auf der Suche nach deinem Gesicht“. Gedichte zu Johannes Bobrowski (Quintus Verlag, 2018), „Haltestelle“ (Verlag der 9 Reiche, 2023). Seit mehreren Jahren vergibt Grasnick jährlich den Ulrich-Grasnick-Lyrikpreis.
Vertonungen von Prof. Günter Schwarze. Auszeichnung mit der „Goldenen Medaille“ und Ehrenmitgliedschaft des Hauses des Peruanischen Dichters in Lima sowie der Ehrenurkunde GOLDENER LORBEER AYACUCHO. 2019 Preisträger des LiteraturRat Mecklenburg-Vorpommern und der Zeitschrift Risse zum Thema „Die Freiheit ist ja da“.
In Ulrich Grasnick: Haltestelle. Berlin (Verlag der Neun Reiche, #20) 2023.
32 Seiten. 9,00 Euro.
Zurück zum Seiteninhalt