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Tobias Roth: Kirchspiele - Rom, Santa Prassede

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Zuchterfolge wie korinthische Kapitelle. Das Mosaik steht unruhig über dem Kosmatenboden, nicht alle goldenen Flächen trifft das Licht. Ein schlichter Raum, aber die Materialien sind doch kostbar und zeichnerisch genug, um Falten zu werfen, in denen einiges verschwindet. Teile von zweitausend Märtyrern sollen hier liegen, aber sie sind gut verborgen und es riecht nicht wie in den Kirchen, die sich rühmen, Beinhäuser zu sein. Die Heiligen mit Messern in den Händen, die Heiligen mit Schwertern in den Händen, sie nicken aus heiteren Farben. In einer unscheinbaren Nische ein Säulenfragment, schwarz und weiß gesprenkelt, zwiefarb wie Elstern und Gralssucher, an ihr soll Jesus ausgepeitscht worden sein. Uraltes Goldmosaik, das alles überzieht, murmelt seine Zustimmung. Wie es im Kreis geht und die Bewegung selbst aufzehrt. Ein Ort für Zauberei. Eine Zauberei, die hofft, die kreisende Gewalt bannen zu können, in andere Kreise, vielleicht in Kosmatenböden, aber doch stets die Antwort schon weiß. Die Geißelsäule ist kein Mahnmahl, sondern eine Durchhalteparole. Wobei niemand so genau wissen dürfte, an wen sie eigentlich ergeht. Die Kassettendecke, ohne Abstriche. Um sich nicht zu täuschen, der Boden ist keine zwanzig Jahre alt.


(Rom, Santa Prassede)


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