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Thomas Böhme: Von Wasserschlössern

Gedichte > Gedichte der Woche

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Foto: Steffen Marciniak
Thomas Böhme

Von Wasserschlössern


Eingedunkelt sind die Bilder der Wasserschlösser
ihre Spieglungen wie auf Goldgrund getuscht.
Ach, könnten wir doch für immer da leben!

Wir teilten unsere Tage mit dem Schierling, den blauen Libellen.
An verschwiegenen Teichen säßen wir bei den Seerosenblättern
bis im Morgenlicht eine erste Blüte sich öffnet.

Umzingelt von Wesen, von Nibelungengezücht
wären wir bar jeder Sorge, denn es schützte uns ja
ein Zauber aus Spinnenfäden & Feenhaar.

Wohl spürten wir ihr Verlangen, ihren fauligen Atem.
Aber die Brücken sind morsch, auch fehlte es nicht
an Fußangeln & implodierenden Schwänen.

In den Hallen unter den strengen Blicken der Ahnen
lustwandelten wir zu den Serenaden der Frösche.
Wir erstiegen die Türme, schauten weit übers Land.

Und falls sich ein kecker Narziß vor die Tore verirrte
ließen wir ihn passieren
schenkten ihm reinen Wein ein
bis die Zeit von ihm abfiele
die er hier nicht mehr braucht.


Thomas Böhme, geb. 1955 in Leipzig, wo er heute noch lebt. Nach abgebrochenem Lehrer-studium in Greifswald Bibliotheksausbildung und Arbeit im Verlag Edition Leipzig.
Er ist Mitglied des Deutschen PEN-Zentrums, des Deutschen Schriftstellerverbands und der Wolfgang-Hilbig-Gesellschaft; Georg-Maurer-Preis 1988, Sächsischer Literaturpreis 2006, Walter-Bauer-Preis 2024.
Letzte Einzelveröffentlichungen: Klavierstimmer auf der Titanic, Gedichte, 2018, Puppenkino, Kalendergeschichten, 2019; Strandpatenschaft, Gedichte, Leipzig 2021; Grünlaken, Roman, 2023; Orpheussplitter, Gedichte, 2024.
In Thomas Böhme: Orpheussplitter. Berlin (Verlag der 9 Reiche, Lyrik-Edition NEUN, Band 33) 2024. 32 Seiten. 9,00  Euro. ISBN: 978-3-948999-33-9
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