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Tereza Bínová: Sieben Gedichte

Montags=Text

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Foto: Antonín Bína
Tereza Bínová

Sieben Gedichte
(Aus dem Tschechischen von Patrik Valouch)



Es war eine Hornviper!
Verflixt,
ich hab sie aufgeweckt!



Gestern wurde sie geboren,
heute schon beißen sie die Gelsen.

Wohin schwindet unser Blut,
das aus ihr wächst?



Woran denkst du?
Ach…
Wie du einst eine Misosuppe kochtest,
und sie dir irgendwie misslungen ist.



Ich sitze auf der Stelle,
wo mein Mann und sein Zeuge
den Sturm in den Felsen überlebten.
Der Himmel ist blau,
die Luft warm,
die Felsen rosa.



Ich blicke auf die Tinte,
die rasch auf dem Papier trocknet.



Hier ist sie!
Eine Flussperlmuschel!
Und du hast uns nichts gesagt!



Gibt es noch wilde Perlen?
Wilde unfruchtbare Perlen
am Grund des namenlosen Flusses?


Tereza Bínová (*1990), Lyrikerin und Psychologin. Ihr dritter Gedichtband Červený obr (2023, dt. Roter Riese) wurde mit dem bedeutendsten tschechischen Lyrikpreis ausgezeichnet (Magnesia Litera 2024). In konzisen, schlichten, geradezu skizzenhaft-minimalistischen Gedichten generiert das lyrische Subjekt ein märchenhaftes Erklärungsmodell für das Entstehen der Welt und der Zeit. Bínová entwirft mit andächtiger, luftiger Subtilität eine aus den kleinsten und flüchtigsten Elementen bestehende Motivreihe des täglichen Da-Seins. In diesen zartgehauchten Wortklecksen evoziert sie ein universelles Lebenspanorama, in dem sich Existenz und Essenz verbünden, Natur und Kunst verbinden.
Der Übersetzer dankt Klaus Anders für die kritische Durchsicht der vorliegenden Auswahl.

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