Tania Rupel Tera: ***
Gedichte > Zeitzünder
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						Tania Rupel Tera
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						Es gibt Lieder, du weißt es,
						fast alle alt und hoffnungslos jung. Sie entfalten einen Balg im Hirn. Auf
						einmal ziehen Zeitströme da. Durch deine inneren Landschaften Bilder; dein Herz
						wird ein weinender Dudelsack. Als die Nachricht kam, habe ich all das dieses
						Maschinchen gesagt. Es wusste nicht weiter, künstliche Intelligenz halt,
						schickt dir was und lässt dich im Stich. Dann, voller Verständnis, fügte ich
						hinzu: Wenn es möglich wäre, wenigstens viermal nacheinander … viermal
						wenigstens … ununterbrochen, immer wieder, eins von diesen Liedern. Ich hatte
						gerade keins im Kopf, weißt du? Aber ich konnte nicht allein sein; brauchte die
						Netze der Musik, die mich kurz auffangen; die mich schonender zum Boden
						begleiten.
Und gleich … gleich schmuggelte eine Gitarre aus ihrem
						Körper in meinen einen Wind; und das ausgedehnteste Solo der Stille. Du weißt,
						es gibt solche Lieder. Einige Trommelschläge in die Bauchgrube und du bist bei
						dir. In der Zeit spannte ich die frische Wunde an vier rostige Nägel, zum
						Trocknen. Irgendwann dachte ich - vielleicht noch einmal. Es ging. Dabei fielen
						auf die noch schmierige Oberfläche Feigen herunter; von jedem vergessenen
						Sommer, und ein verlassener Stern. Der Himmel einige Oktaven tiefer. Der letzte
						Schrei strafte ständig das Gewebe. Noch einmal ganz bewusst. Ich habe die Materie
						sorgfältig gefaltet, dann in die innere Tasche gesteckt, wo‘s immer warm ist
						und dunkel.
 
 
