Sverrir Norland: Eine schwierige Angelegenheit und anderes
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Foto: David
Konecny
Sverrir Norland
EINE SCHWIERIGE ANGELEGENHEIT
und zwei weitere Gedichte
(Aus: Ljóðbréf Nr. 7 / Poesiebrief Nr. 7, Tunglið forlag, Reykjavík 2023)
Aus dem Isländischen von Jón Thor Gíslason und Wolfgang Schiffer
EINE SCHWIERIGE ANGELEGENHEIT
Gestern
habe ich einen Mann in einem Café getroffen
um eine schwierige Angelegenheit zu besprechen
und ich habe gleich zu Beginn des Treffens
den Kaffee verschüttet
Und dann habe ich einfach weitergemacht
Kaffee zu verschütten
das ganze Treffen hindurch
ÜBERSETZER GESUCHT
Endlich keine Wolken mehr
nach vielen Tagen
des Tiefs
Die Sonne scheint auf uns aus blauem Himmel
aber wir sprechen kaum mehr
dieselbe Sprache
sie und ich
Ihre Strahlen strömen auf die Erde herab
wie wichtige Botschaften
doch in einer Sprache
die ein vom Wetter geschlagener armer Teufel
nicht enträtseln kann
Also suche ich dich auf
lieber Freund:
Beherrschst du die
Sprache des Sonnenscheins?
Oder sprichst du vielleicht nur Sturm und Dunkelheit?
10 JAHRE
Für wen schreibe ich?
Für einen 10-jährigen Jungen
der auf dem Boden liegt
mit Legosteinen
Zeichenblöcken
Action-Figuren
im Jahre des Herrn 1996
und lässt Stunden verdunsten
während Welten entstehn
Ich bin immer noch der
Ich schreibe mich zu ihm zurück …
(Wer warst du
als du 10 Jahre alt warst?)
Es ist etwas Reines und Klares
an diesem Jungen:
er ist eine destillierte Ausgabe von mir
die Essenz
Ich schreibe für ihn
Und er schreibt für dich
Schreibt für dich mit 10 Jahren
Sverrir Norland, geb. 1986, ist Autor von zwölf Büchern, darunter von der
Kritik gefeierten Essays und Romanen wie Kletturinn / Der Fels, 2023, Stríð
og kliður / (in etwa) Krieg und kein Frieden, 2021, und Fyrir
allra augum / Vor aller Augen, 2016. Er
arbeitet außerdem sowohl in der Fernseh- als auch in der Radioproduktion, ist
Drehbuchautor und schon in jungen Jahren Dichter und Musiker. Seine neueste Single ist ein Lied aus einem Album, das auf
seinem kommenden Roman (Kletturinn)
basiert und 2024 erscheinen soll: Mér líður best illa / Am besten fühle ich
mich schlecht.
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