Stefan Heyer: Zwei Gedichte
Gedichte > Lyrik heute
						 
						Stefan Heyer
Zwei Sonette
Rom
						
						Längst Rom
						verlassen, die Kaiser nicht mehr zugegen,
						
						Paläste
						und Kirchen der Pest anheimgefallen.
						
						Am Tiber
						der Fischer nichts gefangen, Markthallen 
						
						gefüllt
						mit Obst des Sommers, dann Novemberregen.
						
						Vergangen
						die dumpfen Kriege des Vaterlandes,
						
						verfallen
						die Gebeine der Veteranen in 
						
						tiefer
						Nacht, die Sonne des Südens nicht Hüterin,
						
						ausgetrunken
						bereits die Getränke des Cafés.
						
						Der Seelen
						Schatten zwischen Pest und Flut begraben,
						
						von den
						Alleebäumen krächzen die alten Raben.
						
						Verloren
						dein Lachen, Vergehen will nicht die Nacht.
						
						Der
						Fingerzeig Gottes streift deinen steinigen Weg.
						
						Die Asche
						von deinem Haupt liegt verstreut auf dem Steg,
						
						leis das
						Wasser, am Firmament stolz die Sternenpracht.
Furchen
						
						Die alten
						Knie gingen nur noch selten in 
						
						den
						verwunschenen Garten, die Äste der
						
						Bäume
						beladen. Die Äpfel hingen schwer.
						
						Wenn die
						Enkelkinder kamen zu Martin, 
						
						stand die
						heiße Suppe auf dem Herd, Kuchen
						
						im Ofen,
						der Herrgott grüßte aus der Eck´.
						
						Fest noch
						deine Stimme, du lächeltest keck,
						
						später
						wirst du kurz das Sofa aufsuchen.
						
						Längst
						schlohweiß deine Haare, tiefe Furchen
						
						ziehen
						Gräben durch dein Gesicht, Schminke hast 
						
						du nicht
						nötig gehabt, nicht einmal als Mädchen.
						
						Nicht mehr
						gefällt dir der Winter, die Kälte 
						
						zieht in
						deine Glieder, verloren den Ast
						
						hat der
						alte Baum, der Vollmond erhellte.
						
						Aus dem 2. Zyklus an Sonetten von "Form und Struktur“.
 
 
