Simon Konttas: Drei Gedichte
Montags=Text

Simon Konttas
Drei Gedichte
„Erwachen
und Schlaf“
Um
Briefe zu schreiben, ist es zu spät. Wem denn?
Um
jemanden anzurufen, ist es zu spät. Wen denn?
Meine
alten Jahre, abgerollt wie eine Kabelrolle, stromlos,
abgespult
wie ein Garn, nadellos.
Und
ich habe immer gedacht: wenn es einmal soweit ist …
Nein,
nicht einmal das habe ich gedacht.
Ich
habe gearbeitet.
Die
Arbeit ist getan.
Ich
bin verschwunden.
Die
Menschen sind verschwunden.
Als
ob ich jahrzehntelang nur Ordnung gemacht hätte …
Hier
ist sie. Hier ist die Ordnung.
Wie
Ampeln, die nachts gelb blinken. Wohin?
Gelegentlich
erinnert mich eine Zeitung
an
ein abgelaufenes Abonnement.
Gelegentlich
läuten Geldsammler an der Tür.
Neulich
waren die Rauchfangkehrer da.
So
habe ich mir immer Sorgen gemacht.
Und
die Sorgen wuchsen, denn … na ja …
Natürlich
sehe ich beim Blick aus dem Fenster
die
Bäume und gelegentlich einen Vogel. Immerhin.
Wie
viele, die nie einen Vogel oder Baum sehen.
Aber
die Möbel, die Wände haben meine Stimme geschluckt.
Wenn
sie mich in der Kiste abführen, werden Möbel und Wände reden.
Um
Briefe zu schreiben, ist es zu spät. Wem denn?
Um
jemanden anzurufen, ist es zu spät …
Bäume
und Vögel sind stumm.
Ich
schalte die Lichter aus und lege mich zu Bett.
Irgendwo
sind immer Menschen, die lachen und reden.
Irgendwo
sind immer Autos, die zusammenkrachen.
Irgendwo
hat immer einer seine Arbeit getan und geht …
„Ein
Gespräch“
„In
der Klarheit der Gedanken sehe ich
den
Sinn der Bilder; so wie
in
der Schönheit die Möglichkeit der Liebe.
Das
war früher nicht so.
Ich
bin reif geworden,
genießbar
jetzt wie eine Frucht.“
„Ach,
wäre ich wie du“, sagt der Mörder,
„wäre
ich wie du, aber ich kann nicht,
denn
ich hasse, hasse …
Grün
und hart bin ich zu Boden gefallen
und
wurde zertreten,
den
Rest erstickten Schnee und Frost.
Ich
sehe und sehe doch nicht,
ich
höre und höre doch nicht.
Was
also soll mir die Liebe?“
Wir
seufzten beide und schwiegen.
„Unverständliche
Nacht“
Schnee,
der zu Mittag noch glitzerte,
jetzt
hellblau
und
die tiefe Sonne,
rot,
granatapfelrot,
das
tote Netz der kahlen Zweige
vor
dem roten Abendhimmel.
Ein
kaltes Violett dann
und
Augenblicke später
Sternennacht.
Am
Rande des Dorfes.
Die
langen Lichter
der
Autoscheinwerfer und
Dampf
aus der Nase,
bald
spitzt man die Lippen,
bald
formt man ein „O“.
Der
Supermarkt am Rande des Dorfes
schließt
spät.
Die
grellen Kühlregale, die Kassiererinnen,
die
zwei Spielautomaten,
die
zwei süchtigen Alten davor.
Die
langen Lichter
der
Autoscheinwerfer
durch
diese unverständliche Nacht.