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Sandra Klose: Drei Texte

Montags=Text

Sandra Klose

Drei Texte

Geld

Die Brennweiten dieser Sehnsucht machen kupfernes Kleingeld aus meinem
Verstand. Da ist dann beidseitig dein Gesicht draufgeprägt. Dein Kirschrot kann man
nicht kaufen, deine pulsierende Wärme wächst jenseits des Kapitals. Sie gaben mir
Scheine, sie gaben mir Schecks, nichts davon das mir schmeckt.

Da ist dieses Loch in mir, das nur du bewohnst. Da sind die roten Schuhe, die
niemals aufhören zu tanzen, Partialtango um deine keusche Libido. Ich erkenne ihr
Ding schon von weitem, und sie reckt sich grazil wie der Panther, für den es Stäbe
gäbe. Preisgeknickt, wohlstandsverwahrlost. Die Spreu liegt im Weizen, wälzend und
wartend auf den sicheren, bitteren Fick. Sie trägt Fetisch und weiß es nicht mal. Sie
winselt und dreht jeden Cent zweimal um, inklusive Waschzwang. Wahrhaft
warenförmig, presst sie sich durch den Dreck, als wär's kein Geheimnis, kein
Gefängnis.

Und wenn sie atmet, schneidet Papier. Wenn sie lacht, zerbröseln Theater. Wenn sie
weint, verschwimmen die Freihäfen, heimlich, als hätten sie ein seelenloses Leben
zu retten, als wären sie hochgezogen zwischen geilen Geizen.

Zwischen Ware und Wert gibt's nur diesen einen Tanz, diesen Stanz, für immer
vergoldet in Morgenröten laufen sie einen Horizont rauf, den man nur aus dem
Bücherwälzen kennt, über den man ewig hinwegsieht, weil doch alles irgendwas wert
ist.


Leviathan

Was lacostet die Welt? Schnischna-schnappi / schnappi-schnappi-schnapp! Aber
das Fleisch der Kleider riecht verdorben. Das Blut schmeckt hohl. Luftverschmiertes
Wundenzählen und an dem kryptischen Himmel-und-Hölle-Ding scheuert man sich
höchstens die Knie auf. Das Utopieding kann nicht mehr fern sein.

Verjagen wir das Wölfische mit unserm Gewinsel. Zwischen dem gekämmten
Geplärr, das niemand hört, wirkt die Subversion verbiestert, die Melodien klingen
flach.

Es ist eine Ode an die Reue, eingelegt in orthodoxes Eau de Toilette. Zwischen
Triebstau und bildgebenden Spirituosen zieht die nächste Farce den Limes zwischen
uns neu. Recht spricht, wer langsam und gebrochen daherkommt, vom Pfeilgift
betäubt. Recht spricht, wer neu hier ist. Wir stehen vor der Schranke am Waldweg
und faxen uns Moose zu. Wir stehen vor der Schranke und zählen die Leute, die ihre
Freifahrtscheine auf die Gleise binden. Wir stehen vor der Schranke und wer sich
wirklich – Frage für Frage – in sich hineinfragt, hat weder etwas gesehen noch gehört
oder gesagt. Weiße Westen mit den Scheißestreifen auf der Innenseite sind immer
Mode. Damit man nicht nackt auf den zeigt, der vom Steig springt.


Clownsmaske

Die Nase rot. Blendend, es gehe ihm blendend, wenn einer fragt. Die Haut bleich.
Spenden, er sammelt für Spenden, wenn einer fragt.  Es gehe ihm blendend, er
sammle für Spenden, wenn einer fragte. Helium zum Heldentum, wenn einer fragt.

Er steige auf, wenn einer fragt. Er komme groß raus, wenn einer fragt. Er exploitiere
nicht, er explodiere, wenn einer fragt. Für die Show, wenn die einer wagt.

Zwischen Fressen und Fresko wird er das Bild leerer Bürgersteige, eine getreue
Kopie, amorphe Träume gegen den passgerechten Fetisch drücken, Popcorn
verdrücken, eine Knastträne verdrücken und den Vertrag aus Beton unterschreiben.
Maschen irren im Anzug herum. Redet der Bewerber wirr, verliert der Arbeitgeber auf
einen Schlag seine Kontovollmachten.

Die Plakate, dass der Mensch Mensch bleiben solle, werden ausgetauscht. Und zwar
gegen: „Leistung leben“ und „Die Natur hat zwei Seiten zu viel“. Um das strahlende
Gesicht herum gibt’s einen, der es als Maske erkennt und es abwischt, poliert und
graviert, von jeder Seite bespringt und bezwingt und durchgehend gewinnt. Kann
man machen, kann er sich aber abschminken.
Sandra Klose, geboren 1994 in Langen, verbrachte ihre Kindheit auf einem Bauernhof am Rande des Rhein-Main-Gebiets. Nach ihrem Abitur zog sie nach Wien, um Philosophie zu studieren, das Studium brach sie ab. Derzeit leistet sie ihr Freiwilliges Soziales Jahr im Verein Autigra ab, der die Selbstbestimmung von Menschen mit autistischer Beeinträchtigung fördert, bevor sie das Studium der Sozialen Arbeit in Darmstadt aufnehmen wird.

Sie war Teilnehmerin zweier Schreibwerkstätten: dem „Schreibzimmer: Lyrik“ des Frankfurter Literaturhauses mit Marcus Roloff (2011) und der „open writing Schreibwerkstatt“ an der TU Darmstadt mit Thomas von Steinaecker (2012). In diesem Rahmen veröffentlichte sie in mehreren Anthologien sowie, als Preisträgerin des Jungen Literaturforums Hessen-Thüringen, in der Literaturzeitschrift „L. Der Literaturbote“.
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