Rosalie Wernischová: Sechs Gedichte
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Selbstportrait
Rosalie
Wernischová
Sechs Gedichte
Aus
dem Tschechischen von Patrik Valouch
Alter
Sie liegt vor mir –
die silberne Kartoffel.
Sie fängt an zu kullern,
kullert ins Dunkel unterm Schrank.
Sie schämt sich,
und mir ist’s egal.
die silberne Kartoffel.
Sie fängt an zu kullern,
kullert ins Dunkel unterm Schrank.
Sie schämt sich,
und mir ist’s egal.
Frühling, den ich nicht mehr erlebe
Er wächst! Er wächst schon!
Schon wächst mein Zorn
über das Erwachen in einen Tag, den ich nicht wollte.
Ein Kaminfeger tritt unterm Fenster gegen die Mauer,
wirft seine Bürste fort und holt sie nicht mehr zurück.
Schon wächst mein Zorn
über das Erwachen in einen Tag, den ich nicht wollte.
Ein Kaminfeger tritt unterm Fenster gegen die Mauer,
wirft seine Bürste fort und holt sie nicht mehr zurück.
Prokurist Pick
Ich bin mehrere Personen.
Ich bin ein Domsänger,
Vertreter menschlicher Fulminanz.
Ich bin ein schlafender Fluorit
mit den Marotten schwacher Menschen.
Ich bin eine unscheinbare Begleitung,
mit der die Frauen ihre Spielchen treiben.
Ich bin ein ständig hüstelnder Schultheiß,
eine Gestalt der leichten Gewichtklasse.
Ich bin ein kleiner nackter Mann,
ein Schamane, der Icaros singt.
Ich bin ein Freund der Schönen,
genau wie Prokurist Pick.
Ich bin ein Domsänger,
Vertreter menschlicher Fulminanz.
Ich bin ein schlafender Fluorit
mit den Marotten schwacher Menschen.
Ich bin eine unscheinbare Begleitung,
mit der die Frauen ihre Spielchen treiben.
Ich bin ein ständig hüstelnder Schultheiß,
eine Gestalt der leichten Gewichtklasse.
Ich bin ein kleiner nackter Mann,
ein Schamane, der Icaros singt.
Ich bin ein Freund der Schönen,
genau wie Prokurist Pick.
Ein guter Mensch
Leute sagen mir, dass ich ein hartes
Pralinchen bin,
ein untilgbares Zeichen, ein dämonischer Zirkusreiter.
Dass ich wie ein Tier handle – in meinen zahlreichen Kunststücken.
Dass ich ein lauernder Einzelgänger oder ungesehenes Wunder bin.
Aber nicht buchstäblich – mit einer kleinen Einschränkung.
ein untilgbares Zeichen, ein dämonischer Zirkusreiter.
Dass ich wie ein Tier handle – in meinen zahlreichen Kunststücken.
Dass ich ein lauernder Einzelgänger oder ungesehenes Wunder bin.
Aber nicht buchstäblich – mit einer kleinen Einschränkung.
Jene, die nicht gut sein wollen, sondern
groß,
angeln in ihren Köpfen nach vernünftigen Antworten,
doch finden nur gerechte Absichten in goldenen Kästchen.
angeln in ihren Köpfen nach vernünftigen Antworten,
doch finden nur gerechte Absichten in goldenen Kästchen.
Euren Arm aus dem Haufen gegerbter Häute
ziehen –
dies ist die Arbeit meines ganzen Lebens.
dies ist die Arbeit meines ganzen Lebens.
Makarko
Im Licht, das erscheint, wenn es schwindet,
an den Orten, die ich als Gärten bezeichne.
an den Orten, die ich als Gärten bezeichne.
Hier sitzen wir hinter der Feldspatgrenze –
die Steine sind gut gegen Wut und Ärger.
die Steine sind gut gegen Wut und Ärger.
Die Körper der Käfer füllen wir mit
Siegelwachs,
waschen die Steine im Alkohol,
bahnen uns einen Weg zu den schönen Plumeriablüten.
waschen die Steine im Alkohol,
bahnen uns einen Weg zu den schönen Plumeriablüten.
Auch heute kreisen hinter unserer Grenze die
Kutschen
aus den Schleifereien des Kardinals Mazarin.
aus den Schleifereien des Kardinals Mazarin.
Alles Schlimme passiert in den Städten –
in roten Backsteinhäusern,
und kalkgeweißten Zimmern.
in roten Backsteinhäusern,
und kalkgeweißten Zimmern.
Für jeden von euch, ich bleibe hier.
Hinter meinem Rücken, schöpfte Makarko erneut Wasser.
Hinter meinem Rücken, schöpfte Makarko erneut Wasser.
Krümel
Die kleine Krümel redet nicht
und lebt in einer alten Hafenstadt.
und lebt in einer alten Hafenstadt.
Sie sagen zu Krümel:
„Du siehst keinem von uns ähnlich -
hast einen Kopf, aber keine Mütze,
hast eine Seele, aber keine Zweifel,
hast zwei Beine, aber keine Eile,
hast einen Mund, aber flunkerst nie.
hast diese Stadt und bleibst in ihr.“
„Du siehst keinem von uns ähnlich -
hast einen Kopf, aber keine Mütze,
hast eine Seele, aber keine Zweifel,
hast zwei Beine, aber keine Eile,
hast einen Mund, aber flunkerst nie.
hast diese Stadt und bleibst in ihr.“
Nichts, was man Krümel sagt, berührt sie.
Sie hat keine Angst vor Wadenbeißern, verloren in ihren Überzeugungen.
Gerade hier ist ihr Zuhause – in der alten Hafenstadt.
Sie hat keine Angst vor Wadenbeißern, verloren in ihren Überzeugungen.
Gerade hier ist ihr Zuhause – in der alten Hafenstadt.
Rosalie Wernischová (*1994) stammt aus einer renommierten tschechischen Dichter-familie – ihr Vater ist der Lyriker Ewald Murrer, ihr Großvater Ivan Wernisch.
Der Übersetzer dankt Klaus
Anders für die kritische Durchsicht der Gedichte.