Raphaela Bardutzky
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Raphaela Bardutzky
Raphaela Bardutzky studierte Dramaturgie, Neuere Deutsche Literaturwissenschaft und Philosophie an der LMU München und der Bayerischen Theaterakademie. Seit 2012 arbeitet sie als freie Theaterdramaturgin und Autorin sowie als Drehbuchlektorin und Script Consultant im Art-House-Filmbereich.
Gemeinsam mit Theresa Seraphin gründete sie 2016 das „Netzwerk der Münchner Theatertexter*innen“ - eine Diskussionsplattform zur Textproduktion im zeitgenössischen Theater.
Raphaela Bardutzkys Theaterstück WÜSTLING wurde 2017 mit dem Literaturstipendium der Stadt München ausgezeichnet.
Ausschnitt aus WÜSTLING. EIN TRITYCHON von Raphaela Bardutzky
Aus dem ersten Teil: In Sachen Don Juan.
[...]
Er [Don Juan]baut dir einen Origami-Zirkus aus der Speisekarte von Sushi yam yam und klaut dir bei
einer Gartenschau Margeriten und Anemonen. Im Kino zaubert er Popcorn aus deinem Ohr und
findet – hoppalla - Weißwein in seinem Ärmel. Er ruft am Freitagmorgen an, ob du nicht heute,
kurzentschlossen, ganz spontan, mit ihm verreisen willst, zum Gardasee, nach Stockholm oder
Ljubljana. Er fragt, was du als Kind am liebsten aßt, um es zwei Tage später zu servieren – Und wo
wir schon beim schnabulieren sind: Als Nachtisch gibt es Fußmassage - wenn Du magst -, ein heißes
Bad oder wir gehen einfach nur spazieren.
Ihr rennt zu zweit durch warmen Sommerregen und brecht nachts in ein Erdbeerfeld ein.
Wie gut es tut, mit ihm zu reden, so zwischen Stroh und Obst und Grillenzirpen, du atmest
Weißdorn, Mainacht - ach Leben! Ein Fuchs schaut vorbei...und er sagt, er denke zu viel an dich, seit
ein paar Wochen...
Und als Du am Sonntag mit ihm durch die Stadt flanierst, spielt jeder Straßenmusiker nur
Liebeslieder für dich. Denn Don Juan hat sie alle bestochen und für jede Ecke bestimmte Titel
bestellt.
Don't you know
Girl, you'll be a woman soon
Please come take my hand
Girl, you'll be a woman soon
Soon, you'll need a man
An der Ampel vor deinem Büro klebt jetzt öfters ein altes Gedicht,
du kennst die Schrift, es ist ein Gruß an dich,
(nur für dich, nur für dich, nur für dich)
An jenem Tag im blauen Mond September
Still unter einem Pflaumenbaum
Da hielt ich sie, die stille bleiche Liebe
dir kommt es vor, als wärs ein Traum
Und über uns im schönsten Sommerhimmel
War eine Wolke, die ich lange sah
Sie war sehr weiß und ungeheuer oben
und deine Ruh´ war nimmer da
denn hast du nicht gesehen, macht sich jetzt mehr und mehr Verwirrung breit
die Wolke zieht jetzt durch dein Hirn und regnet sich an deinen Beinen ab,
dir ist die Gegenwart verstellt, Gespräche fantasierend tapst du durch den Tag, du willst ihm alles
sagen, alles zeigen, die klitzekleinsten Wunder deiner Welt,
du brichst im Supermarkt in Tränen aus, vergessen wer du bist und was du willst,
ein schlechter Schlager rührte dich ins Mark
- bist nicht mehr ganz gescheit
es ist ein Glück und eine Bangigkeit
was soll dir bloß geschehen?
ist längst geschehen
dein Herz klopft trotz des Klopf-Verbots aus deinem Kopf, du wirkst nervös
„Sie wirken nervös in der Gegenwart von Männern.
...Ich bin nur bei dir nervös, Grey
„Sie schüchtern mich ein.“ Ich werde tiefrot, klopfe mir aber innerlich wegen meiner Offenheit auf
den Rücken
Und als du dich fragst, weshalb in deinem Hausflur plötzlich ein Helium-Schwein schwebt,
wer den Jasmin vor deine Tür gelegt hat,
wieso in dem verhassten Meeting plötzlich der Feuerfehlalarm schellte
wer dir heut Mittag das Curry bestellte
DON GIOVANNI!
da stellst Du ihn wütend zur Rede,
was soll dass denn, Du weißt ich bin vergeben...
jetzt lächelt er, so jungenhaft und leicht verlegen
sein gewohnt atemberaubendes Lächeln
dieses lässige sexy Lächeln auf seinem Gesicht
ein triumphierendes Lächeln
mitunter: ein wölfisches Grinsen
und er sagt:
Là ci darem la mano, là mi dirai di sì.
Vedi, non è lontano, Partiam, ben mio, da qui.
(Vorrei e non vorrei, Mi trema un poco il cor.
Felice, è ver, sarei, Ma può burlarmi ancor.)
Vieni, mio bel diletto! (Mi fa pietà Masetto.)
Io cangierò tua sorte. Presto... non son più forte, non son piu forte...