Poetisches Wasserwerk
Das Drama der Wahrnehmung
Des Menschen Seele gleicht dem Wasser – in der zur Grotte zurechtgemachten Bühne des Wasserwerks las im Rahmen des Literaturfestes München 2013 zunächst Nico Bleutge Dämmerungsatmosphären aus seinem letzten Lyrikband „verdecktes gelände“ (C.H.Beck Verlag 2013), denn morgens, sagte er, müssen die Dinge erst ihre Umrisse zurückerlangen:
„am ufer ankommen, wach
Unter dem schwelgeruch der flure. Ruß-
Wasser, wandernder austritt. (…)“
Das menschliche Drama der Wahrnehmung wurde fortgesetzt durch den Amerikaner chinesischer Abstammung, Jeffrey Yang, poeta doctus, der Literatur und Meeresbiologie studiert hat, und dessen Bestiarium für das 21. Jahrhundert, „Ein Aquarium“ heißt es, erschienen im Berenberg Verlag 2012, von Beatrice Faßbender übersetzt wurde, die den Abend auch moderierte und Yangs Gedichte über das perfektionierte Töten auf Deutsch vortrug. Besonderen Zwischenapplaus erhielt Yang, als es am Ende um sein Gedicht „U.S.“ ging.
Schließlich las Anja Utler ausdrucksstark und mit ihrem synkopierten Sprachstrudel u.a. aus der neuerschienenen zweiten Auflage ihres 2004 in der Edition Korrespondenzen verlegten „münden – entzüngeln“:
dieses viele dies: salz! von den immerfort
tastend- den nägeln, der zunge es zehrt
zerrt: alles feuchte hervor aus mir
krustet, in furchen, mich aus
sagst –
lass mich ich
ich –