Philipp Létranger: Zwei Gedichte
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Philipp Létranger
Zwei Gedichte
gerade noch
vielleicht
hattest du gerade noch gelesen
und ein paar
zeilen geschrieben
lag die zeitung
noch offen herum
war dein blick
auf die straße
gerichtet
verließ ein
wesen
ohne substanz
das reichlich töne und klänge
hervorbrachte
(doch heute
nur ein
leises blob)
und viele farben und nuancen tragen konnte
(aber heute trug es unscheinbar)
verließ es dein
haus
während der
dachstuhl
noch knarzte
und weiter vor
sich hin döste
löste die welt
sich von deiner
haut
fiel ab von dir
und die zunge
zuckte fremd
wie ein fisch an
land
geiselhaft
von der schwere
des himmels
will ich nicht
reden
über die
schritte im keller
lange nicht mehr
nicht über die
leisen töne
die untergehen
im geschrei der gedanken
nachts glänzen
sie aus büschen
ich werde die
lüge in deinem gesicht nicht nennen
die narben
unter deinen
kleidern verborgen
worte
die niemand
braucht
weil ohnehin
schon alles an dir spricht
ich werde so tun
als gäbe es deine blicke nicht
schwer von
frostigen erinnerungen
als sähe ich die
nacht nicht
sich müde an
deine stimme lehnen
als gäbe es
nicht die
schleier über meinen augen
wäre mein blick
nicht verschleppt
und die augen in
geiselhaft
In Philipp Létranger: zwischen die kriege geworfen. Herford (BoD - edition offenes feld) 2022. 112 Seiten. 21,50 Euro.
