Pétur Gunnarsson: Vier Gartengedichte
Gedichte > Lyrik heute
						 
						Pétur Gunnarsson 
4 GARTENGEDICHTE
(aus: Ljóðbréf Nr. 3 / Poesiebrief Nr. 3, Tunglið forlag, Reykjavík 2021)
Aus dem Isländischen von Jón Thor Gíslason und Wolfgang Schiffer
verborgener ruhm
						
						auf den friedhöfen
						
						der städte
						
						sind gräber zu sehen
						
						von großen männern
						
						künstlern
						
						und kinostars
						
						sie die 
						
						in der ferne berühmt waren
						
						oder in der vergangenheit 
						
						liegen uns jetzt 
						
						zu füßen
						
						und wir stoßen
						
						den tarzan-schrei
						
						des lebens aus
						
						ehebett
						
						all diese ehepaare
						
						im ewigen ehebett
						
						starr vor kälte 
						
						seite an seite
						
						wie während der schlechten-laune-anfälle
						
						des ehebunds 
						
						aber sie sind auch weich und zart
						
						und tauschen flüssigkeiten aus
						
						sogar der tod
						
						kann sie nicht trennen
						
						vorsprung
						
						was wir ihnen voraushaben 
						
						blut das dröhnt
						
						luft in den lungen
						
						ein häutchen das sieht 
						
						ein hirn voller hirngespinste
						
						sie sind tot 
						
						uns gibt es noch
						
						die weltliche komödie
						
						in der göttlichen komödie
						
						sehnen sich die toten
						
						nach ihren körpern
						
						in der hölle
						
						im fegefeuer
						
						sogar im paradies
						
						nichts ist vergleichbar mit
						
						riechen schmecken und fühlen
						
						sogar das himmelreich
						
						erblasst 
						
						Pétur Gunnarsson, geb.
						1947 in Reykjavík, arbeitet nach einem Studium der Literatur und Philosophie in
						Frankreich als Schriftsteller und Übersetzer in Island und gilt als einer der
						wichtigsten zeitgenössischen Autoren des Landes. Nach der Veröffentlichung von
						Gedichten in Literaturzeitschriften und eines Lyrikbandes im Jahr 1973 erschien
						1976 mit punktur punktur komma strik sein erster Roman, Auftakt einer Tetralogie, die das
						Heranwachsen des Jungen Andri Haraldsson in den Zeiten des Umbruchs ab 1968
						beschreibt und mit Sagan öll 1985 ihren Abschluss findet. Die
						Tetralogie, von der vor allem der erste Roman in Island Kultstatus genießt,
						erschien von 2011 bis 2014 unter den Titeln punkt, punkt komma strich, ich
						meiner mir mich, Die Rollen und ihre Darsteller sowie Das vierte
						über Andri im Weidle Verlag.
						
						Neben seinem eigenen umfangreichen Werk, das auch
						Essay, Theaterstücke, Drehbücher und Biografien umfasst, übersetzte Pétur
						Gunnarsson u.a. Gustav Flaubert und Marcel Proust.
								 
 
