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Peter Orlovsky: Zweites Gedicht

Gedichte > Gedichte der Woche



Zweites Gedicht


Wieder ein Morgen, nichts, das getan werden müsste, vielleicht ein Klavier kaufen

oder irgendwas hinwichsen.

Immerhin hab ich staubgewedelt im Zimmer, genau wie mein Vater die Kippen samt Asche

übers Bett auf den Boden geschnipst.

Aber erstmal die Brille putzen und Wasser trinken, um den Mundgeruch wegzukriegen.
Ein Stoß gegen die Tür und die Katze kommt rein, hinter ihr der Babyelefant aus dem Zoo

verlangt frische Eierkuchen – ich kann diese Hallus kaum noch ertragen.

Zeit für die zweite Zigarette, dann gehen die Vorhänge auf und ich schwör, der Dreck

bildet eine Gasse bis zum Müllschlucker –

Ohne Kühlbox eine verdorrte Pampelmuse.
Gibts denn kein heilig-Ding, mit dem ich mein Zimmer aufhübschen könnte? Es rosa

anstreichen vielleicht? Einen Lift einbauen vom Bett bis zum Boden vielleicht?
Duschen im Bett?

Was nutzt das Leben, wenn ich mir das Paradies nicht in mein Wohnland einbauen kann?
Durch diesen Tropfen Zeit auf meinen Augen
der die Ausdauer eines roten Sterns auf einer Fluppe hat
scheint das Leben schneller zu zersplittern als Piece.
Ich weiß, wenn ich mir die Wanzen aus dem Gesicht rasieren könnte

wären sie für immer verschwunden.

Die Löcher in meinen Schuhen sind nur temporär, ich versteh das.
Mein Bettvorleger ist dreckig, aber wessen Anhängsel ist das?
Es kommt eine Zeit im Leben, wo jeder mal in die Spüle pisst – lass mich

das Fenster hier eine Minute lang schwarz anpinseln.

Einen Teller schleudern & aus Bosheit zerdeppern oder vielleicht einfach nur

unschuldig-nebenher fallen lassen, während ich um den Tisch
wandre.

Vor dem Spiegel seh ich aus wie ein Wüste-Sahara-Geist

oder auf dem Bett ähnle ich einer aufjaulenden Mumie, die nach Luft schreit
oder auf dem Tisch fühl ich mich wie Napoleon.

Doch jetzt an die erste Pflicht des Tages, das Waschen meiner Unterwäsche – der zwei

Monate lang missachteten – was würden die Ameisen dazu sagen?

Wie geht Klamottenwaschen – wieso würd-würd-würd ich eine Frau sein

wenn ich das wüsste?

Nein, ich würd lieber meine Turnschuhe putzen gehn, und was den Boden betrifft

ist es viel kreativer, ihn zu bemalen als ihn zu wischen.

Was die Speisen angeht, das kann ich seit ich denke, einen Job

in einer Imbissbude zu kriegen.

Mein Leben und mein Zimmer sind wie zwei riesige Wanzen, die mich

rund um den Erdball verfolgen.

Gottseidank ist mein Sinn für Natur harmlos.
Ich wurde geboren, um mich an ein Liebeslied zu erinnern – auf einem Hügel

bildet ein Schmetterling einen Becher, aus dem ich trinke
während ich über eine Brücke aus Blumen spaziere.


Paris, 27.12.1957

(Übersetzt von Marcus Roloff, 2016: Peter Orlovsky, Clean Asshole Poems & Smiling Vegetable Songs, Poems 1957-1977, City Lights Books, San Francisco 1978)

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