Pega Mund: An einem Sonntagmorgen
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Foto: Jo Häusler
Pega Mund
An einem Sonntagmorgen
im Januar, kurz vor halb elf, stirbt der Vater.
Die schneefrische, blanke Sonne scheint zum Schlafzimmerfenster herein.
Als Gretchen eintrifft, liegt der Vater still auf dem Bett.
Ohne Lidschlag, mit offenen Augen, mit offenem Mund.
Ausgezehrt von der wüsten Krankheit: wachsgelb, glanzglatt, kühl.
Ohne Lidschlag, mit offenen Augen, mit offenem Mund.
Ausgezehrt von der wüsten Krankheit: wachsgelb, glanzglatt, kühl.
Ganz trocken außen, steinern im Kern.
Seine dunkelblaue Iris verblasst, verlaufen, mit Gelee überzogen.
Die langen weißen Haare in Büscheln leuchtend aufs Kissen gebreitet.
Sie setzt sich zu ihm, schneidet und feilt ihm die Nägel.
Lauscht lange, ob er ihr noch etwas mitteilen wolle.
Der Vater schweigt.
Zum Abend hin kommt der Bestatter. Er lispelt.
Das ist in all dem Elend sonderbar komisch, wie im Theater.
Gretchen hilft, den Vater anzukleiden für den Sarg, darf ihm aber
keine Schuhe geben. Das erlaube die Friedhofsordnung nicht.
Auf Strümpfen also müssen sie gehen, die Toten.
keine Schuhe geben. Das erlaube die Friedhofsordnung nicht.
Auf Strümpfen also müssen sie gehen, die Toten.
Oh, diese Sorge seitdem!
Wie weit er wohl kommen kann, so - ohne Schuhe!
Pega Mund: #03 der Reihe "Handteller"
Performance und Text - PegaMund@web.de
www.driftout.wordpress.com