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Olav H. Hauge: Klar wie ein Herbsthimmel

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Olav H. Hauge
übersetzt von Klaus Anders


KLAR WIE EIN HERBSTHIMMEL

Klar wie ein Herbsthimmel
kann das Auge der Seele sein,
und so ruhig,
doch auch trüb, wie wenn Glas beschlägt,
und blind
wie ein bereiftes Fenster.

Einmal in der Frühe saßest du
dem Sonnenadler im Gefieder,
weißt du es noch?

Doch du irrtest
im Wald des
Todes und sahst nicht
die Segel, gesetzt
für die Sterne.

Töricht bist du, wenn
du glaubst, dass der Tag
dir leuchten kann
durch
die Welt. Als Ödipus
die dunklen Schicksalszeichen
hinter allem

sah, brauchte er kein
Tageslicht mehr.
Doch was
nützt wohl
das innere Auge dir,
wenn nicht eines
dich sehend macht?

Dank deinem Gott
für Licht und Blitz, die
deinen blinden Hochmut
sprengen, öffnen
deinen Grund!
Der Stein ist nicht blind!

Klar wie ein Herbsttag…
Es klingelt spröd
wie von Eis, –
ist was
zerbrochen?
Und die Quellen
schwinden, kennen
ihren Lebensbrunn.


In Olav H. Hauge: Gesammelte Gedichte. Übersetzt von Klaus Anders. Berlin (Edition Rugerup) 2012, 2. Auflage 2019. 338 Seiten. 24,90 Euro.
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