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Olav H. Hauge: 14. September 1964

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Olav H. Hauge


14. 9. 64

Ekstatische Zustände von ungeheurer Gewalt können oft so sein, dass die Anderen glauben, die Betroffenen seien außer sich. Und hinterher kommen wohl Schwächeperioden mit Bewußtlosigkeit und Ratlosigkeit.  – Ich weiß es nicht, doch ich glaube, so ist es. Eins weiß ich, und das ist, daß ich das Glück hatte, die vier Jahre in Nevengarden und Valen zuzubringen, ohne „kuriert“ zu werden, denn Schockbehandlung und all diese Tabletten, die sie jetzt geben, waren damals noch nicht üblich. Ich dichtete und träumte, hatte Gesichte, erlebte Ekstasen Tag für Tag, Jahr für Jahr, ohne daß mir jemand etwas tat. Daß ich eingesperrt oder gefesselt war – was oft vorkam – machte gar nichts. Die Ekstase, die Gesichte, die Träume, die Stimmen kamen trotzdem zu mir. Ich meinte nie, es sei übel, gefesselt oder in einer Einzelzelle eingesperrt zu sein, und klage daher über nichts.

Später gab es die Schockbehandlung, und die war dann eben so.

Der letzte Aufenthalt in Valen – 1960 – war reicher, denn ich wurde nicht „geschockt“. Die Tabletten, die ich bekam, beruhigten wohl, aber verödeten nicht das innere Leben. Hier muß ich zurückhaltend sein, denn es ist nicht gesagt, daß ich nicht auch von den phantasietötenden und dämpfenden Tabletten bekam. Mehr will ich dazu nicht sagen. Es ist notwendig, wieder zurück auf die Erde zu kommen, wenn man hier in der Welt sein will.

Abgesehen von gewissen Ohnmachtsperioden habe ich in den Jahren, in denen ich fort war, weder etwas Böses erlebt, noch war ich besonders niedergeschlagen.
 


Olav H. Hauge: Mein Leben war Traum. Aus den Tagebüchern 1904 - 1994. Übersetzt von
Klaus Anders. Berlin (Edition Rugerup) 2015. 256 Seiten. 24,90 Euro.

Rezension Jan Kuhlbrodt »


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