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Nikolaus Scheibner: Ethik der künstlichen Intelligenz

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Sophie Reyer:

Nikolaus Scheibner: Ethik der künstlichen Intelligenz. Gedichte. Wien (Edition fabrik.transit) 2023. 120 Seiten. 18,00 Euro.


„Künstliche Intelligenz“. Die einen lieben, die anderen hassen sie, aber alle reden von ihr – und kaum ein Begriff hat in den letzten Monaten für ähnlich viele Diskussionen gesorgt wie der der KI. Dass aber nichts schwarz-weiß ist und zwischen Lieben und Hassen ein Meer aus Worten, Ideen, Vorstellungen etc. liegen kann, beweist Nikolaus Scheibner mit seinem neuen Lyrikband „ethik der künstlichen intelligenz“. Doch hier geht es nicht bloß um das kritische Beleuchten einer von Algorithmen gesteuerten Gesellschaft; zu sinnlich, zu nahe an der haptischen Welt sind die kurzen Texte, in denen Bäume sich verhalten wie beste Freunde, Winde zu Tieren werden und sich ihre Pfoten lecken, und Zecken zwischen den Zeilen ihr Unwesen treiben. Besonders auffallend ist an „ethik der künstlichen intelligenz“, wie eigenwillig Form und Inhalt ineinander aufgehen.
Die Machart ändert sich mit jedem Gedicht; ja, jedes Gedicht stellt seine eigenen Regeln neu auf und verwirft sie manchmal wieder - und denkt dabei mit ein wenig Augenzwinkern über sich selbst nach. Dieses „Denken“ kann in drei Zeilen abgehandelt werden, sich aber auch über drei Seiten ziehen - und wie das Leben selbst sind die Texte des „Badewannenpoeten“, wie Scheibner sich in einem der Gedichte nennt, mal traurig, mal witzig – und sie machen auch mal mehr und mal weniger Sinn. Was aber alle gemein-sam haben: sie sind „ausgehört“, sind musikalisch gestaltet. Kein Wunder; schließlich komponiert Nikolaus Scheibner auch Songs, und der Umgang mit Rhythmen ist ihm daher durchaus nicht fremd. Aber auch das Reflektieren über die eigene Arbeit scheint dem Allround-Talent nicht schwer zu fallen:
„solange eine künstliche intelligenz (…) die erfüllung einer aufgabe die ihr gestellt wird und die sie bewältigen kann, nicht verweigern kann, ist sie nicht tatsächlich intelligent“, heißt es so auch im Nachwort dieses herausragenden Buches. Nikolaus Scheibner jedenfalls kann verweigern; und er verweigert sich der banalen Weichspülliteratur. Und wenn er recht hat und Innovation – wie er weiter in seinem Nachwort schreibt - mehr ist als die Rekombination von bereits Vorhandenem und Bekannten, dann ist „ethik der künstlichen intelligenz“ ohne Zweifel ein überaus innovatives Buch.


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