Michael Fehr: Simeliberg
Jan Kuhlbrodt
Simeliberg
Der Band Simeliberg von Michael Fehr ist im Schweizer Verlag Der gesunde Menschenversand erschienen. Das macht Sinn, denn verstößt er doch vordergründig gegen alles, was man naturgemäß dem gesundem Menschenverstand und der Rationalität unterschiebt. Der Text ersetzt das fehlende T.
Denn dieser Text mag sich nicht festlegen, entzieht sich über weite Strecken der Zuschreibung. Wir wissen nicht, womit wir es zu tun haben; ist es Prosa oder ist es Gedicht? Man mag mutmaßen, worin diese Verweigerungshaltung begründet ist, ob in der Person des Autors, oder im Sujet der Erzählung. Der Grund wird sich wohl in beiden finden.
Aus einer gewissen Vorliebe heraus bin ich aber geneigt, den Band als langes Gedicht zu betrachten, und die optische Struktur legt die Aufteilung des Textes in Verse, auch Strukturen und Mittel, die man gemeinhin der Lyrik zurechnet:
aber innen ist es dumpf
sein Atem tönt dumpf
er macht diesen und jenen Schritt in den tiefen
Schatten hinein
kennt die Angst
sagt
„Scheiße“
vor sich hin
Wahrscheinlich wird man diesem Text auch nicht gerecht, wenn man ihn gattungsmäßig einzuordnen sucht, und überhaupt zeigt sich an derlei Versuchen nur die Unsicherheit, mit einer prinzipiellen Offenheit von Kunst umzugehen. Und wahrscheinlich führt Simeliberg in eine Zeit, in der Texte ihre germanistische Unschuld dadurch bewahren, dass sie Gattungsgrenzen weder akzeptieren oder nicht, sondern einfach ignorieren.
Und was ich hier zur Form anmerkte, lässt sich in ähnlicher Weise über den Inhalt sagen.
Was gewissermaßen als Westerngeschichte in den Schweizer Alpen beginnt, schlägt auf der Hälfte lang um in politische Horrorgeschichte, wenn rechtsradikale Burschenschaftler mit Maschinenpistolen die Wälder durchstreifen. Furios zu lesen, und beunruhigend. Da hilft auch die Marsreise nicht, die hier und da, als Verheißung aufgerufen, die düstre Provinz konterkariert.
Michael Fehr: Simeliberg. Luzern (Der gesunde Menschenversand) 2015. 144 Seiten. 22,00 Euro.