Max Sessner: Drei Gedichte
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Foto: Bert Strebe
Max Sessner
Drei Gedichte
Seance
Ein Löffel Gefühl für Tante Grete
und rühr gut um damit sie uns
erscheint und ich sie fragen kann
warum sie es so lange aushielt
mit einem Mann der sie behandelte
wie Dreck und sie wird lächeln
kennt man ja und mager wird sie
sein und bleich und ihre Hände
wird sie ringen und wie so oft die
Antwort schuldig bleiben gut
möglich dass sie heute gar nicht
kommt umsonst der ganze Blödsinn
das Starren an die Wand ob nicht ein
Schatten über die Tapete huscht
und jemand bleib doch ruft umsonst
der Silberglanz des Löffels der sie doch
locken soll und ganz umsonst der
Löffel selbst an dem vom Frühstück
noch ein Rest von Zucker klebt
Wenn
die schon fast Verstorbenen
Bier trinken und jede Menge
Zigaretten rauchen als ginge
es um etwas Großes sehr
Erhabenes und der Rauch ihnen
unter die Haut zu kriechen scheint
dort Wolken bildet die sich
zusammenballen wie bei einem
Gewitter dann doch weiterziehen
und einen Himmel freigeben
unversehrt und blau unter dem
sich kein Lüftchen mehr regt
dann sitze ich in meinem
Stammcafe elf Uhr an einem
Vormittag gegen Ende August
Begegnung
Wir sprachen über alles Mögliche
über Dichter die wir einmal kannten
darüber wie teuer alles geworden sei
und dass die Katze einer Bekannten
verschwand schon seit Tagen gab es
keinen Beweis mehr ihrer Existenz nur
in ihren Träumen erschien sie oft
aber immer so als gehöre sie jemand
anderem ein schwacher Trost wie wir
fanden und dir fiel die Geschichte
eines Freundes ein zu kompliziert um
sie zu erzählen so ging es hin und her
rätselhaft war dieses Beieinanderstehen
zufällig und vergeblich bis dann hörte
ich mich am Ende sagen ja bis dann und
wir gingen unserer Wege und ich weiß
dass ich dachte und warum auch immer:
die letzte Fahrt mit der Kutsche gehört dir