Martin Piekar: wände gehen aufeinander wie verlorene
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						Martin Piekar
wände gehen aufeinander wie verlorene
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lesen Sie ausnüchternd auf einer parkbank, machen Sie sich einversprechen, das Sie zu brechen bereit sind
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we ache all through with simple terror
while walking down a simple street
                                                                                   charles
										bukowski
big data processes codify the past. they do not invent the future
                                                                                   cathy o‘neil
ale kto mi umaluje niebo
w ciemny fiolet popołudnia
gdy pozwolę mu odejść i nie wrócić
                                                                                   halina
										poświatowska
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ein
										bisschen traurig bin ich für die drogen
seit
										streamingdienste & sedierung so einfach sind
sind alle
										zielpublikum & du bist der hit der seriensaison
glückwunsch, dein
										charakter wurde fan favorite 
atme nicht nur,
										friss alltag, friss ihn rein
scheiß ihn aus,
										hier & jetzt, einmal
hat ein mädchen
										zu mir gesagt, dass sie mich gern
von einem
										streamingdienst in serie produziert sehen würde
& ich habe
										genickt, ich selbstverliebtes arschloch
& habe nicht
										nein oder bitte gesagt
ich bin viel zu
										oft der scheibenwischer
meiner eignen
										überwachungskamera
& spreche nur
										stimmlos in mich hinein
ich will mein
										display bedeckt halten, sacht atmen
verlangen zu
										verknüpfen, statt nur verknüpft zu sein
drogen tun mir
										wirklich leid, sie brauchen uns
ihr ruf ist
										echter als gedacht 
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i cannot stand the stream of unconsciousness
                                                           ich
										halte den unbewusstseinsstrom nicht aus
nie wytrzymam strumienia nieświadomości
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zwischen
										den anschlussschlitzen der luft 
verschwindet
										abstoßung 
& doch, da
										die neugier, die bedeutung
fasst mich, ein
										verbrannter griff, ihrer, meiner
die bedeutung
										fasst mich an
wir sind unsere
										daten
wir sind der
										rohstoff des einundzwanzigsten jahrhunderts
ich fresse
										bildschirmlicht um licht
wie leer ich mich
										fühle, wenn es in jedem stimmfang
jeder werbung,
										jedem hack um mich geht
substanzloses
										ich, ich begreife mich nicht
ich als akzidenz der plastiktüte
eine junge frau schob sie mir zu
voll windeln & bat mich, sie zu entsorgen
ich behalte sie, weil es sich cool anfühlt 
etwas illegales zu besitzen
verleiht irgendwie substanz, dieses verruchte 
vor einem selbst 
kanister
										schwarzgebrannter sehnsucht, auf offner straße
wir prosten uns
										zu, jeder nimmt die leere an 
& trägt sie
										mit sich
um nicht von ihr
										verschlungen zu werden
realisten = die
										schlimmsten utopisten
denn wie es in
										server hineinhallt, schallt nichts, nichts
nichts mehr
										hinaus, diese plastiktüte wird mich überleben
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die bedeutung,
										die bedeutung fasst mich an
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zum weltuntergang ist
										niemand zu spät
sage ich dem schild:                                              :das ende ist nah
wir lesen & schreiben vom weltuntergang
										voll zuversicht
sodass er nicht eintritt
die stimme in meinem kopf wird mich noch
										verrückt machen
:es wird alles gut werden – nein – :es wird
alles gut werden – nein
wir leben von der zukunft her, tod &
										bonbons
im nachhinein verteilt
der dackel, der vor einer metzgerei bellt
										& heult
weil er nicht weiß
schreie sind einsame orte
nur dunkelheit kann stets begleiten
kümmere dich nicht um den weltuntergang
kümmere dich um die welt, um deinen tod
sei ein märtyrer für deine sache & stirb
										nicht
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im vorüber einer
										gasse sehe ich einen sprayer 
ich
										drehe mich um & möchte ihn besuchen
er
										rockt gehetzt bis er mich sieht & fragt 
ob
										es mir gefalle, blumengesprenkelte panzer
denen
										kreischende kinder hinterherjagen
alle
										glauben, sagt er, die weiße leinwand wäre der grund
aber
										alles weiße ist bereits überschminkt, verstehst du
die
										dunkelheit ist das organ, das organe zusammenhält
er
										verklackert sich im rucksack
lässt
										eine dose heraußen & sticht sie an
sprüht
										seinen tag drunter
&
										bedankt sich, bevor er davongeht, ich bleibe
an
										diesem neugeschaffenen ort, ich möchte zusehen
wie
										der panzer immer & immer wieder über den schriftzug
:made
										in germany hinwegrollt & sich wiederholt 
als
										es dunkelt, streiche ich das e
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im dunkel eines ubahntunnels
da sage ich: ich will wieder träumen
ein junger, der gegen die schienen haust
:geh, sagt er, geh weiter bis du kannst
dort wird ein dich dich führen
ein ausgang dich führen, wo es so farblos sein wird
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						                                                                                                                    tutaj
						 nic nie jest
tutaj nic nie jest
                                                        tutaj nic nie jest
                 tutaj nic nie jest
                                                                                           tutaj nic nie jest
            tutaj nic nie jest
tutaj nic nie jest
						 
						                                                                                                                     tutaj
						 nic nie jest
                                               tutaj nic nie jest
tutaj
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die wände gehen
										aufeinander wie verlorene
wo die tunnel blinzeln huschen graffiti
die bilder sind betten aus hornhaut
sie betrachten mich wie einen spiegel
& flüstern:                             :wir gehören niemandem
denn niemand hat uns erschaffen
lahme finger greifen nach meinem schatten
wer hier pünktlich ist, ist nicht mehr hier
die bilder brechen, die bilder brechen auf
sind das gegenteil hohlwachsender früchte
in einem ubahntunnel will ich
mich vor lauter zwielicht übergeben
einfach in die bilder übergeben
& hoffen, dass sie mich tragen wie sie
die wand ertragen, mit der zeit & in
										schichten
entfällt die sicherheit noch etwas anfassen
										zu können
wo ich immer spraydosen & nie schritte
										höre
wo kameras keine öffentlichkeit behaupten
										können
spüre ich die not eines besetzten hauses
unvergällte luft hinterlässt eine wunde leben
die bilder, die bilder nehmen mich auf, mir
										läuft
der schweiß einer abgelegten maske, die ich
										nie trug
die graffiti kosen mich, verkatert vom
										träumen
drücke ich mein gesicht in die wand
 
 
