Maria Mercè Marçal: »La nit em clava ...« / »Die Nacht stößt ...«
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Maria Mercè Marçal
»La nit em clava ...« / »Die Nacht stößt ...«
Übertragen von Àxel Sanjosé
La nit em clava
el seu ullal
i el coll em sagna.
Sota les pedres
l’escorpit
balla que balla.
La pluja, lenta,
fa camí
fins a la cambra.
L’escala fosca
del desig
no té barana.
Die Nacht stößt in mich
ihren Reißzahn
und mein Hals blutet.
Unter den Steinen
der Skorpion:
tanzend, ja tanzend.
Der träge Regen
dringt vor
bis hin zur Kammer.
Die dunkle Treppe
des Begehrens
hat kein Geländer.
© Fundació Maria Mercè Marçal
Aus: Maria Mercè Marcal: Bruixa
de dol. Sant Boi de Llobregat:
Llibres del Mall, 1979.
Maria Mercè Marçal (1952–1998). Die
frühverstorbene Dichterin aus Ivars d'Urgell in der Provinz Lleida hatte einen
vielbeachteten Einstand und erhielt bereits für ihren ersten Band Cau de
llunes (Monde-Bau, 1977) den angesehenen Carles-Riba-Preis, es folgten
weitere Titel, von denen mehrere im posthumen Band Llengua abolida
(Abgeschaffte Sprache, 1998) versammelt wurden. Sowohl die Tiefe ihrer Lyrik
als auch die spezifisch weibliche und lesbische Perspektive auf eine
patriarchalisch geprägte Welt wurde für viele katalanische Schriftstellerinnen
und Schriftsteller zu einem wichtigen Bezugspunkt, ebenso für femini-stisch
engagierte Menschen außerhalb der Literatur. Auch ihr Roman La passió segons
Reneé Vivien (Auf den Spuren der Renée Vivien, üb. v. Theres Moser,
1994) erhielt zahlreiche Auszeichnungen. Als Übersetzerin widmete sie ihre
kreative Energie den Werken von Colette, Marguerite Yourcenar, Lenor Fini, Anna
Achmatowa und Marina Zwetajewa.
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