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Marcus Roloff, Anton Humpe: Zwei Übertragungen des Gedichts "Blinking with Fists" von William Patrick Corgan

Montags=Text
Marcus Roloff, Anton Humpe

Zwei Versuche, das Gedicht "Blinking with Fists"
des Smashing Pumpkins-Frontmanns Billy Corgan zu übertragen

Zum Original: http://www.alittlepoetry.com/billycorgan.html
oder
https://lyrics.az/billy-corgan/blinking-with-fists/blinking-with-fists-and-other-caterpillar-tales.html


mit Faustschlägen blinken (und andere Raupengeschichten)

Ein Gedicht, wenn man will:
Sanfter Wellengang geht direkt
von den Fingerspitzen aus
Was ich atme, ist meins
Allein dem Namen nach
Gestaltwandler, Fragen
Um die Haut abzustreifen, langsam
Frei von Sex
Vermenge ich die Paarungen im Prospekt
Die totgeschwiegenen Stimmen sind hier
Aber sie sind gesättigt, in
Erwartung des Stolperns
Das unweigerlich kommt
„diesmal“, erklärt er lautstark
(anonymer Marktplatz),
„diesmal wird’s kein Stolpern geben“
und die Meute wie aufs Stichwort bricht in wildem Unisono „Hurra“ hervor

sie kommen paarweise, wenn ich schlafe,
um meinen Kopf zu tätscheln und mir alte Verse beizubringen
Ich versuche ihnen zu sagen, dass mein Leben verzichtbar ist
Die Finger an meiner Schläfe lassen mich weise erscheinen
Mit blauen Flecken im Anschlag
Blink ich mit Faustschlägen

Der Chor tritt an zum Singen
Tief eingeatmet, fertig zum Beginnen
Ein heulendes Baby durchbricht das Schweigen,
Dem peinliches Kichern folgt, einer raunt aufs
Stichwort: „göttliche Ordnung“

herabfallende Schlote, durch Adern, aus Körperteilen
in Meisterwerke hinein, gemalt im Dreck
sind die Gestalten in einem unerhörten Akt von Ruhe gemacht
ihre Handgelenkfesseln
blinken noch immer
(Übertragung: Marcus Roloff)


mit fäusten zwinkern (und anders raupige geschichten)

ein gedicht, wenn du magst:
sanfte wellen, die just aus meinen
fingerspitzen steigen.
alles was ich atme gehört mir
vom namen schon her.
gestaltenwandelnde fragen
welche sich langsam der haut entledigen,
frei von sex,
mische ich mit vereinigungen ins angebot.
die verstummenden stimmen sind hier
doch sind sie gänzlich gesättigt
und warten auf das stolpern,
welches ja gewiss kommt.
„diesmal“ verkündet er lauthals
(auf einem unbekannten doch zentral gelegten platz)
„diesmal gibt es kein gestolper!“
und die menge regiert wie auf kommando mit einem gleichklingenden: „hurra!“

während ich dann schlafe, kommen sie in paaren
um meinen kopf zu streicheln und mir alte verse beizubringen.
ich versuche ihnen von meinem belanglosen leben zu erzählen,
indem ich meine finger an meine schläfe halte und weise wirke,
mit blauen flecken im gepäck, zeige ich wie fertig ich bin
doch zwinkere mit fäusten.

der chorus reiht sich ein, um zu singen,
ein tiefer atem, bereit anzufangen,
ein weinendes baby bricht die stille
unwohles gelächter folgt wie gerufen
„göttliche ordnung“ murmelt jemand.

sie fallen kamine durch venen hinunter aus den gliedern heraus
in aus schmutz gezeichnete meisterwerke.
die figuren sind in einer beeindruckenden ruhe portraitiert  
auf die verbindungen ihrer gelenke,
noch immer zwinkernd.
                                                                                 
(Übertragung: Anton Humpe)

Anton Humpe, geb. 1992 in Hamburg, aufgewachsen in Berlin, studierte Angewandte Theaterwissenschaften in Gießen und Poesie in New York, arbeitete unter anderem als Musiker, Redakteur, Erntehelfer und Yogalehrer in verschiedenen Ländern, Theatern, Studios und Weinbergen. Er veröffentlichte neben zahlreichen Theater- und Poesieprojekten auch im KLAK-Verlag sein Poesiedebüt „endstation panik“ (2020).
Marcus Roloff, geboren 1973 in Neubrandenburg (Mecklenburg-Vorpommern), lebt als Lyriker, Prosaautor und Übersetzer in Frankfurt am Main. Literarische Veröffentlichungen seit 1997. Zuletzt erschienen in der Stadtlichter Presse der Gedichtband »gespräch mit dem horizont« (2021) sowie der Übersetzungsband »Kenneth Koch: Schicksal. Ausgewählte Gedichte« (2022).
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