Marc Papillon de Lasphrise: mon secret ma mignonne
Tobias Roth
Durchgängiges Fieber
Querschnitt durch Kleinodien: Marc Papillon de Lasphrise bei hochroth Paris
Wann immer ich einen Satz bilden will, in dem die Kontrastierung von „großen“ und „kleinen“ Verlagen auftauchen soll, stocke ich. Eine Anekdote aus alten Zeiten geht mir nicht aus dem Sinn, und zwar eine über Napoleon. Napoleon macht auf einem Marsch über Nacht Station in einem Bauernhaus, das hierzu hochselbst auserkoren wird. Befriedigt erblickt der Feldherr sein Portrait in der guten Stube, allerdings, minder befriedigt, nimmt er wahr, dass es etwas schief hängt. Tatmensch, der er ist, will er sogleich den Missstand beheben, reicht allerdings nicht bis zum Rahmen hinauf. Der Citoyen Bauer und Hausbesitzer betrachtet diese Szene und beginnt, um seinen Hals zu fürchten. Untertänigst kratzfüßelt er herbei, rückt das Bild zurecht, und entschuldigt sich unter tausend Floskeln, er sei eben etwas größer als Majestät, nichts weiter. Napoleon, seelenruhig, lässt sich einen Stuhl bringen, steigt auf denselben, ohrfeigt, nun einen Kopf größer, den Citoyen gehörig, und verkündet das Fazit: „Er möge länger sein, aber niemals größer.“
Was man nun als „länger“ einsetzt, sei dahingestellt, ob Auflagenhöhe oder Anzeigenbreite oder Vertretermannschaftsstärke – niemals größer jedenfalls mögen die sogenannten Publikumsverlage sein, als jene „kleinen“, unabhängigen, jungen (was auch immer), wenn man darüber hinaus dem guten Rat folgt und die Stimmen nicht zählt, sondern wägt. Denn es wird mehr und mehr klar, dass jenen Verlagen, sagen wir einfach: den anspruchsvollen, that fought upon Saint Crispin's day,¹ auch die Aufgabe zuwächst, dass Unbekannte der Vergangenheit zu hegen, wie sie bereits das Unbekannte der Gegenwart hegen. Am meisten natürlich im Kreis der Lyrik und der nichtkinematographischen (Kurz-)Prosa. Vielleicht habe ich einen polemischen Knick in der Optik meiner Lesegewohnheit, aber es scheint mir, dass die „längeren“ Verlage sich selbst im Bezirk der toten Lyriker an bekannte Namen und runde Jubiläen halten. Archivfabrik für Doubletten in den Regalen; ich denke an die amerikanische Bibliothek auf dem Mond, die Arno Schmidt in KAFF schildert: sie entstand, als jeder Weltraumkolonisateur ein Buch frei nach Wahl mitnehmen durfte, und besteht (ich weiß die genauen Zahlen nicht mehr, Heiliger Arno, verzeih!) aus einem Zehntel Groschenromanen und neun Zehnteln Bibeln. Grobe Schätzung.
Vor dieser Grisaille von Landschaft – welch ein schmetterlingischer Regenbogen! Auch zehntausend Blitze machen, nach Lessing, noch keinen hellen Tag, aber welche Begrüßung und Lobeshymne ist der Band mit einer Auswahl aus den Gedichten von Marc Papillon de Lasphrise wert, der jüngst bei hochroth Paris erschienen ist. Die Produkte der neuen Dependance von hochroth sind des Rückimportes unbedingt wert, denn die Berliner Idee von Marco Beckendorf hat sich dort wieder einmal bewährt. Wie üblich das wunderbare Design, wie üblich das schöne Papier, wie üblich die überraschenden Inhalte – wenn nur alle Normalität solche Normalität wäre. Wie üblich auch ist das Buch sehr dünn, es hat nur 30 Seiten. Aber diese 30 Seiten, herausgegeben von Leszek Nowak, machen unüberwindlich Lust auf mehr und fungieren als der freundlichste und hübscheste Torhüter, den man sich vor dem reichen Garten der französischen Lyrik des 16. Jahrhunderts denken kann. Zumal: Wann kommt man an diesem Garten schon vorbei? Ohne an einen akademischen Förster zu rempeln? (Akademische Förster sind indes sehr viel angenehmere Gesellen, als ihr Ruf es nahelegt.) Das Erstaunen kann sich noch weiter weiten: Nicht nur hat hochroth Paris einen Lyriker des 16. Jahrhunderts neu verlegt, der Band ist vielmehr Eröffnung einer ganzen Reihe unter dem Titel rymes, die sich dieser Epoche und Gattung widmen wird.
Marc Papillon de Lasphrise hat kein Jubiläum zu feiern. Herrlich! Zumal seine Geburts- und Todesdaten sich nicht vollständig klären lassen und so jeglichen „Nulldaten-wahn“ (Blumenberg) vorgreiflich unmöglich machen: Geboren etwa 1555, gestorben etwa 1599. Der hochroth-Band gibt sich spartanisch: ein knapper biobibliographischer Absatz, wie auch ein zeitgenössischer Debütant keinen längeren erhält. Eine knappe Notiz bezüglich der Quelleditionen der Auswahl. Kein Inhaltsverzeichnis, kein Kommentar, kein Apparat, keine Hinweise, aus welchen Zyklen genau die Gedichte ausgewählt wurden. Die Gedichte stehen für sich, was ihnen sicherlich gut tut, und die diversen Querelen, die die Textgeschichte begleitet haben, rechtens ausblendet.
Der Band ist, dies sicherlich ein Hindernis für den Rückimport nach Deutschland, zudem einsprachig, und zwar im originalen, alten Französisch.
Das sieht auf den ersten Blick etwas ungewohnt aus, wenn man nicht zum Beispiel ein Montaigne-Fanatiker ist – gibt sich aber schnell und lässt sich vor allem dadurch lösen, dass man der Lyrik die Ehre gibt und es sich laut vorliest. Der Klang schließt sich schnell auf und lässt die schräge Graphie hinter sich; ein Effekt, den man auch von Autoren wie Martin Luther oder H.C. Artmann kennen wird.
27 Gedichte sind in dem Band versammelt, die schlagartig neugierig auf diesen wilden Lyriker machen, des geneigten Lesers Augen goldgräberglänzen. Ich war mit der Lektüre kaum fertig, bin ich schon in die Bibliothek gerannt, um die Referenzausgaben nachzuschlagen, aus denen Nowaks Anthologie schöpft – und siehe, Papillon ist zwar ein Unbekannter, aber im Papier ein nicht ganz so Unbekannter wie etwa im Internet. 27 Gedichte, 30 Seiten: Die Edition von 1599, aus der ausgewählt wurde, hat Seiten, die doppelt so viele Sonette fassen (zwei statt einem) und es sind fast 650 Seiten. Die Auswahl muss eine Hölle für sich gewesen sein.
Wer war nun dieser Papillon, der sich selbst stets und stolz „capitaine de Lasphrise“ nannte? Sicherlich, das geht aus seiner Lyrik wie aus seiner Biographie hervor, ein robuster Kerl. Mit etwa 14, 1568, begann er seine militärische Laufbahn, im gleichen Alter also wie Heinrich von Kleist (ein Weh! über all die Kindersoldaten aus niederem Adel!), aber im Vergleich zu diesem scheint er es besser weggesteckt zu haben, frühen und zahlreichen Verletzungen stur zum Trotz. In Frankreich tobt zu dieser Zeit bekanntlich ein herber Religions- und Bürgerkrieg, in dem Papillon geradezu die Hälfte seines Lebens, bis 1589, mitmischen wird. Geboren in der Touraine, in der Nähe von Amboise, wird ihn dieser lange Kriegsdienst weit in der Welt herumführen, schließlich kehrt er wieder zurück auf sein Stammgut, vermutlich aus gesundheitlichen Gründen; Religionskriege fügen Ihnen und den Menschen in Ihrer Umgebung erheblichen Schaden zu.
Einschlägig mit Blick auf den Stolz, mit dem Papillon seinen Titel als Capitaine führt, ist nun, dass dieser Titel zu Papillons Zeit schon kaum mehr Gewicht hat (unter Francois I, gest.1547, führte ein Capitaine 1000 Mann, unter Charles IX, gest.1574, kaum mehr als 50, informiert Daniels „Histoire de la Milice Francoyse“), und zudem Papillon selbst von den zeitgenössischen Quellen zum Krieg nicht erwähnt wird. Wie dem auch sei. Vielleicht hat er bei Lepanto gekämpft (in der ein anderer literarischer Teilnehmer, Cervantes, so schwer verletzt wurde), über die Bartholomäusnacht verliert er kein Wort. Er kämpfte in erster Linie mit Charles II. de Lorraine Duc de Mayenne, stets königstreu, stets gegen die Protestanten.
Die Geschichte der Papillon-Rezeption lässt sich zwar im Groben mit dem kurzen Satz „Vergessen bis Mitte des 20. Jahrhunderts“ zusammenfassen, aber das etwas feinere Relief dieses Vergessens ist der Erwähnung wert, weil exemplarisch, wie Margo Manuella Callaghan, Herausgeberin einer kritischen Ausgabe zweier Werke Papillons, 1979, übersichtlich zusammengetragen hat. 1597 erschien die Werkausgabe Les Premières oeuvres poétiques du Capitaine Lasphrise, schon zwei Jahre später wurde eine zweite, erweiterte Auflage notwendig (das sind die fast 650 Seiten). Der Erfolg bei den Zeitgenossen ist bezeugt. Folgeauflagen aber gab es erstmal keine mehr. Mit der Zeit empfand man Papillon als zu forsch einerseits, zu imitatorisch andrerseits; die Mode der Amours (Sammlungen von Liebeslyrik mit narrativem Unterzug, in der Tradition Petrarcas), an der Papillon mit zwei sehr konträren Sammlungen teilgenommen hatte, war längst verklungen. Kaum waren Empfindung und/oder Genie gefragt, war Papillon von der Bildfläche verschwunden. In den Literaturgeschichten bleibt wenigstens die Geringschätzung stehen: „peu délicat“ seien seine Gegenstände und seine Ausdrücke „grossières“ (so 1753 bei Goujet). Emmanuel-Louis-Nicolas Viollet-le-Duc (der Vater des berüchtigten Eugène Viollet-le-Duc, der einen gigantischen Bestand französischer Kirchen in teils äußerst zweifelhafter Manier restaurierte) findet 1842 ein vergiftetes Lob, das allerdings hellsichtig ist: die Gedichte seien nicht ohne „une certaine verve brutale; mais l’impudeur et le cynisme ont banni de son esprit toute apparence de poésie.“ Freilich, von Poesie verstanden als Sentiment, als Seelenaussprache, als originale Genialität, etc. (nochmal Arno Schmidt: „Die Leute mit ihrer scheiß Seele.“) ist da natürlich nichts. Hinter dem Totschlagargument der „Poesie“ steht hier genau das Problem des 19. Jahrhunderts, dass es nämlich bei all seiner Entdeckerfreude und Gelehrsamkeit ahistorisch von der Literatur des 16. und 15. Jahrhunderts verlangte, was sich später erst entwickeln würde; man sieht es quer durch Europa, nachdem sich die jeweiligen „Klassiken“ als solche gesetzt haben. 1871 schließlich verbrannte das einzige Manuskript im Louvre.
Und wie so oft läuft die Wiederentdeckung Papillons erst einmal über den Inhalt, namentlich die Erotik. Zwei Amours hatte Papillon geschrieben: die Amours de Théophile, gerichtet an eine Novizin, die bloß nicht ins Kloster eintreten soll, und es doch tut, diese Texte sind verliebt und liebesfromm, aber nicht ohne Pointen; und die Amours passionnée de Noémie, die durchaus überraschend eine gelingende, beidseitige Liebe schildern, die auch erheblich viel Körperlichkeit enthält. Diese beiden Zyklen wurden 1979 von Margo Manuella Callaghan herausgegeben. Nachdem der inhaltliche „Skandal“ (als ob die Burschen von der Pléiade je zimperlich gewesen wären) etwas Luft und Licht geschaffen hatte, begann mit Ende des 20. und Beginn des 21. Jahrhunderts das Interesse an der Sprache Papillons zu wachsen – und dieses Interesse sieht man auch noch deutlich in der Anthologie von hochroth Paris walten. 1984 erschien eine Studie zum Sprachspiel bei Papillon von Isa Dardano-Basso, 1988 eine Ausgabe der Diverses Poésies, einem reichlich bunten Zyklus, herausgegeben von Nerina Clerici Balmas. Die Sprachspielerei und Sprachverdrehung, die Sprachzerstückelung und Sprachverschlüsselung Papillons gerade in den Diverses Poésies ist freilich nicht ohne Vorbild und Tradition, aber in ihrem experimentellen Charakter und ihren teils radikalen Spitzen scheint dieser Aspekt seines Werkes doch am leichtesten anschlussfähig an die Themen, Debatten und Formspielereien, die die zeitgenössische Lyrik umtreiben. Die Verschlüsselung geht zum Teil so weit, dass es fraglich wird, ob hier überhaupt eine Verschlüsselung vor sich geht, und nicht vielmehr eine Art protodadaistischer Spieltrieb. Entsprechend und diesem Themenakzent folgend eröffnet die neue Anthologie aus Paris mit dem Sonett in unbekannter Sprache aus den Diverses Poésies, das ein süßes Liebesgeheimnis zwischen Dichter und Geliebter inszeniert:
Sonnet en langue inconnue
Cerdis zerom deronty toulpinye,
Purois harlins linor orifieux,
Tictic falo mien estolieux,
Leulfiditons lafar relonglotye.
Gerefeluz tourdom redassinye ;
Ervidion tecar doludrieux,
Gesdoliou nerset bacincieux,
Arlas destol osart lurafirie.
Tast derurly tast qu'ent derontrian,
Tast deportulast fal minadian,
Tast tast causus renula dulpissoitre,
Ladimirail reledra survioux,
C'est mon secret, ma Mignonne aux yeux doux,
Qu'autre que toy ne scauroit reconnoistre.
Aus der Auflösung in die Nichtauflösung, mon secret ma mignonne, bezieht die neue Anthologie auch ihren Titel – und dieses Gedicht ist unter den sprachexperimentellen sicherlich eines der gelungensten, vollständigsten. Aus der Reihe dieser bis zur Hermetik verschlüsselten Texte bringt die Anthologie von Nowak noch einige, wenn auch nicht alle, die sich in den Diverses Poésies finden – aber dennoch dominiert in diesem Band deutlich das Spiel: mit Silbenzahlen, mit nicht endenwollenden Reihungen, mit einzelnen Buchstaben, mit der erweiterten Leserichtung im Akrostichon, mit der zerfaserten Leserichtung des Anagramms. Der experimentelle Papillon wird präsentiert: Da sind die beiden Sonnets en galimatias versammelt, ebenso das Sonnet en authentique langage sourdardant, die Feier des Buchstabens „R“, die Verfluchung der Farbe Gelb, das kryptische Gedicht Exôost Ucepst Nis ovium. Es sind offensichtlich die Experimente, die heute interessieren und die den Weg des zeitgenössisch lyrischen Leseinteresses wieder tiefer in den Stollen der Vergangenheit locken können.
Was zudem an Papillons Experimenten begeistert, ist die Ahnung, er hätte diese Verfahren auch in seinen Gedichten reflektiert, angesprochen, und so in einer mehr als modernen Manier eingelöst. So eröffnet etwa das Sonett Que ne suis-je eschangé en precieuse pluye?, das bei Nowak vertreten ist, eine ganze Reihe von ovidianisch verbürgten oder andersher geholten Metamorphosen, m.E. geradezu sicherlich im Anschluss an Petrarcas berühmte Metamorphosen-Canzone RVF23 (nicht zuletzt, da Papillons Sonett mit der Goldregen-Geschichte beginnt, mit der Petrarcas Canzone endet), und löst den Assoziationsspielraum der Metamorphose schließlich durch die Verwendung mehrerer Anagramme auf den Namen der Geliebten ein. Mit ähnlichen mythologischen Winkelzügen agiert auch das Sonett XXXVI der Amours de Théophile (leider nicht bei Nowak), das im gestaltwandlerischen Gott Proteus gipfelt, oder das Sonett XXIII der Amours de Noémie (ebd.), das den im petrarkistischen Betriebssystem eigentlich kaum möglichen Wechsel der Herzensdame mit den Verwandlungen des Blutes, auch im Gegenüber, belegt und mit dem Vers endet: „Bien que ton sang illustre ait des metamorphoses.“
Das Spiel mit der Sprache, das Verständnis der Sprache und ihrer Tradition als Material des Dichters zieht sich bis in den Stil auch der Gedichte hinein, die es nicht so deutlich ausstellen. Die Sprachalchemie Papillons liebt die Widerholungsfiguren, die Reihungen; das Sonett CLXXXIII der Amours de Noémie etwa lässt elf seiner vierzehn Verse mit dem Halbvers „Il me plaist fort de voir“ beginnen, das Sonett VII der Amours de Théophile lässt gar dreizehn Verse mit „J’ay veu“ beginnen. Sehr treffend hat Callaghan beschrieben, dass es sich bei den beiden Amours eher um einen Exorzismus der Emotionen handelt, als um eine bloße „exercice poétique“. In jedem Falle vermeint man zu spüren, dass sich Papillon in einer hohen, durchgängigen Wallung befindet, wie, brachial geradeaus, das schöne Sonett XXXIII der Amours de Théophile eröffnet, das leider von Nowak nicht aufgenommen wurde: „Amour me tient en fiebvre continuë, / Et ce cruel est sourd à ma raison.“
Zwar begnügt sich die Anthologie nicht ausschließlich mit dem Sprachspieler, und wir finden auch den petrarkistisch und erotisch liebenden Papillon (in einem Sonett, ausdrücklich, „traduict du Petrarque“, findet sich etwa ein fulminanter Verständnis- und Übersetzungsfehler, der das Gedicht in ungeahnte Komplikation katapultiert), den Gelegenheitsdichter, den stolzen Soldaten, den spitzzüngigen Satiriker – aber für diese Aspekte bleibt freilich nicht der Platz, der in der hochrothen Konzentration stets knapp ist. Und mehr dürfte es vielleicht auch gar nicht sein, um das zeitgenössische Publikum nicht zu verschrecken. (Denn jenes hat bei aller ostentativen Offenheit gegenüber experimentellen zeitgenössischen Strategien doch auch noch gehörige Schüchternheiten.)
Nachgetragen aus den Diverses Poésies sei schließlich noch ein kurzer Vierzeiler, in dem der Gelegenheitsdichter, Höfling, Satiriker und Experimentator zusammenkommen. Unter dem gravitätischen Titel Vers sententieux non rimez lesen wir:
Sel semad ed trouc, enqleuq ertau rocné,
Tois enud elliv groub egaliv,
Va ertouf et riselp nud l’rutan sent Xuod,
Te sulp ruop Ucel no ervou el uc.
Hier ist die Verschlüsselung freilich nicht so komplett und undurchdringlich wie beim Sonett in unbekannter Sprache: es ist um eine schlichte Spiegelung zu tun. Dafür aber ergibt sich ein umso bissigerer Inhalt bei erfolgter Umdrehung. Dieser Scherz beißt – und zwar nicht, wie Boccaccio es für einen höfisch eleganten Scherz vorgeschrieben hatte, wie ein Schaf, sondern wie ein Hund – so Boccaccios Metapher für die überschrittene Grenze zur Beleidigung, bzw.: das ist die zitierte „verve brutale“:
Les dames de court, quelque autre encor,
Soit d’une ville, bourg, vilage,
Va foutre le plesir d’un naturel tres doux,
Et plus pour l’écu on ouvre le cu.
¹ Shakespeare: Henry V, 1599 (St. Crispin's Day Speech).
Marc Papillon de Lasphrise: mon secret ma mignonne. Hg. v. Leszek Nowak. Frz. Paris (hochroth) 2013. 30 Seiten. 6,00 Euro.