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Lilian Peter: Auslandsvertretung

Gedichte > Gedichte der Woche
Lilian Peter

Auslandsvertretung


diesig hing die sonnengewärmte Luft über dem Wasser. auf der anderen Seite gab es
Hügelketten mit Bäumen darauf, Strommasten ragten in die Luft. Gebäude sammelten
sich und verloren sich wieder. Schiffe fuhren vorüber, von links nach rechts, von rechts
nach links, kleine Schiffe, große Schiffe und sehr große Schiffe. es gab eine hohe
Mauer, es gab einen 24-Stunden-Wachdienst, es gab Schäferhunde, gemähten Rasen,
einen Tisch, einen Stuhl, Kieswege, es gab weißlackierte Holzhäuser, es gab einen
Privatwald mit Palmen darin, es gab Schilder, die vor Schlangen warnten, es gab ein
Teehaus, einen Tennisplatz, einen Rosengarten, es gab deutsche Heizungen, deutsche
Steckdosen, einen deutschen Kindergarten, einen deutschen Soldatenfriedhof. Katzen
schlichen über das Gelände. Möwen zogen kreischend ihre Kreise, Möwen zogen
kreischend ihre Kreise. woanders gab es eine Katastrophe. im Wald sägten die Gärtner
an den Bäumen. die gefällten Stümpfe warfen sie den Hang hinab. niemand vertrat sich
dort die Füße. der Sultan war längst tot, der Kaiser ebenso. hinaus konnte man gehen.
draußen warfen Fischer ihre Angeln aus. zwischen tausend Fischern habe ich auch eine
Fischerin gesehen, sie stand allein, ihr Gesicht eine Landkarte, ihr Kopftuch ein Segel.
sie wusste alles. sie warf ihre Angel aus, daran baumelten neun tote Sardinen. das
Wasser glitzerte. ein Fisch schwamm vom Schwarzen Meer herein. ein Fisch schwamm
vom Schwarzen Meer herein und glitt an allen Angeln vorbei. ein Fisch schwamm vom Schwarzen Meer herein, glitt an allen Angeln vorbei und verabschiedete sich ins
Marmarameer. ein Fisch schwamm vom Schwarzen Meer herein, glitt an allen Angeln
vorbei, verabschiedete sich ins Marmarameer und passierte anschließend die
Dardanellen. ein Fisch schwamm vom Schwarzen Meer herein, glitt an allen Angeln
vorbei, verabschiedete sich ins Marmarameer, passierte anschließend die Dardanellen
und landete im ägäischen Meer. dort habe ich ihn aus den Augen verloren. schwimmt
ein Bonito im Schwarm, erreicht er Geschwindigkeiten von bis zu sechzig Kilometern
pro Stunde. die Sonne stand tief, die Frau blinzelte. ich hatte ein Baby dabei. ich hielt
es fest im Arm, es trug einen roten Anzug und eine rote Mütze. woanders gab es eine Katastrophe. woanders war weit von hier. woanders war nicht weit von hier. diesig hing
die sonnengewärmte Luft über dem Wasser. auf der anderen Seite gab es Hügelketten
mit Bäumen darauf, Strommasten ragten in die Luft. Gebäude sammelten sich und
verloren sich wieder. Schiffe fuhren vorüber, von links nach rechts, von rechts nach
links, kleine Schiffe, große Schiffe und sehr große Schiffe. es gab eine hohe Mauer, es
gab einen 24-Stunden-Wachdienst, es gab Schäferhunde, gemähten Rasen, einen Tisch,
einen Stuhl, Kieswege, es gab weißlackierte Holzhäuser, es gab einen Privatwald mit
Palmen darin, es gab Schilder, die vor Schlangen warnten, es gab ein Teehaus, einen
Tennisplatz, einen Rosengarten, es gab deutsche Heizungen, deutsche Steckdosen,
einen deutschen Kindergarten, einen deutschen Soldatenfriedhof. Katzen schlichen über
das Gelände. Möwen zogen kreischend ihre Kreise, Möwen zogen kreischend ihre
Kreise.

Tarabya, Istanbul, im Februar


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