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Latinale 2017 - Tálata Rodríguez: Brackwasser

Werkstatt/Reihen > Reihen > ´Barrio latino

Foto: privat


Tálata Rodríguez

Aus dem argentinischen Spanisch von Timo Berger


Agua de puerto

Al entierro del estibador
no fue nadie.
Se quedó sin conocer el mar,
nunca quiso
navegar embarcado
porque prefería estar en tierra,
cargando y descargando
lo que tuviera a mano
Habia barcos que no sabía
ni de dónde venían
ni hacía dónde iban.
Le tocó una vez
vaciar unos contenedores
abollados por un tifón
Encontró restos de sangre
entre los bultos que llevaba
En temporadas de poco trabajo
vestía prolijamente
cuidándose de no ser elegante
para que así,
lo eligieran
entre las turbas de hombres
perfumados por el hambre.
Días pasaban
o semanas,
sin que lo señalaran
pero él igual iba al puerto,
si no estaba ahí
¿adónde habría estado?
Esas aves que vió,
ese presidente comunista
que lo saludó apretándole la mano,
esas mujeres por las que pasó…
En su corazón
todos eran iguales
y estaban igual de lejos
que esas naves que veía
alejándose irreversibles
El sol en el horizonte
se apaga un poco,
ya es casi de noche.
Una gaviota tuerta
hace equilibrio
en el mástil de un navío
que hubieras tenido que descargar.
¡Estibador que estiba
acomodando sus problemas!
Ahora que estás en la tierra
ya no te procupes por el mar,
tu ataúd es un barco varado
cubierto en su sepultura
por cemento y azulejos
en él, harás un gran viaje
y el viento azotará
por siempre
las velas de tus venas.

Brackwasser

Zur Beerdigung des Stauers
erschien niemand.
Das Meer hat er selbst nie kennengelernt,
er wollte nicht zur See
fahren
blieb lieber an Land,
belud und entlud
was gerade anfiel
Von manchen Schiffen wusste er weder
wo sie herkamen,
noch wo sie hinfuhren.
Einmal sollte er
ein paar von einem Taifun
zerbeulte Container leeren.
Zwischen den Bündeln, die er hinaustrug
fand er Blutlachen.
In Zeiten mit weniger Arbeit
zog er sich sorgfältig an
achtete darauf, nicht elegant auszusehen
damit sie ihn
unter der Menge nach Hunger
riechender Männern
wählten.
Tagen vergingen
oder Wochen
und kein Finger zeigte auf ihn,
er ging trotzdem zum Hafen,
wenn nicht dort
wo hätte er sonst sein sollen?
Die Vögel, die er sah,
den kommunistische Präsidenten,
der ihn mit einem festen Händedruck grüßte,
die Frauen, bei denen er Station gemacht hatte …
In seinem Herzen
waren sie alle gleich
und gleich weit weg
wie diese Schiffe, die er sich
unaufhaltsam davonfahren sah.
Am Horizont verlischt
allmählich die Sonne,
es ist fast Nacht.
Eine einäugige Möwe
balanciert
auf dem Mast eines Schiffs,
das du hättest löschen sollen.
Stauer, der die Ladung trimmt
und seine Probleme unterbringt!
Jetzt liegst du unter der Erde
und scherst dich nicht mehr um die See,
dein Sarg ist ein gestrandetes Boot
unter Zement und Kacheln
in seinem Grab.
In ihm trittst du eine lange Reise an
und der Wind peitscht
auf ewig
die Segel deiner Adern.

Tálata Rodríguez, geboren 1978 in Bogotá, Tochter eines Kolumbianers und einer Argentinierin, weshalb sie zwischen beiden Kulturen aufwuchs und ihren Lebensmittelpunkt 1989 in Buenos Aires fand. Seitdem sie 15 Jahre alt ist, widmet sie sich kulturellem Aktivismus. Nahm an unzähligen Produktionen von Veranstaltungen teil, die mit der Verbreitung von Musik, Literatur, visuellen Künsten und der Gastronomie verknüpft sind. 2013 war sie Herausgeberin der Multimedia-Buchinstallation Primera Línea de Fuego (ed. Tenemos Las Máquinas) bestehend aus neun Gedichten und neun Videoclips, die an unkonventionellen Orten in Buenos Aires gedreht wurden. Im Jahre 2014 gewann der Videoclip „BOB“ den Norberto-Griffa-Preis für künstlerisches Schaffen in Lateinamerika (BIM14). 2015 nahm sie an der Schreibwerkstatt für unkreatives Schreiben Literatura Basura des Performance-Events „BP15“ in Buenos Aires sowie bei PADREPOSTAL in Buenos Aires und Santiago de Compostela teil. Im gleichen Jahr veröffentlichte sie TANTA ANSIEDAD in Spanien (LapsusCalami-Caligrama) und NUESTRO DÍA LLEGARÁ (SpyralJetti) in Argentinien.


Tálata Rodríguez
ist mit der Latinale 2017 in Berlin am 21.10. um 19 Uhr im  Instituto Cervantes, sowie am 22.10. um 11 Uhr in der Buchhandlung Amarcord.

und in Osnabrück am 24.10., 13-16 Uhr, beim Pop-up-Workshop, sowie um 18:30 Uhr im Literaturbüro Westniedersachsen

und in Bremen am 25.10. um 18 Uhr an der  Universität Bremen, GW2 B3009.


Zusammengestellt von Timo Berger, Rike Bolte und Laura Haber


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