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Klára Krásenská: Drei Gedichte

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Klára Krásenská

Aus dem Tschechischen von Patrik Valouch


Drei Gedichte


Tagtäglich bringe ich einen neuen Jasminzweig,
                                                        einen weißen Zweig zum weißen Bett.
Die Vorhänge wogen im Luftzug,
                                                        doch ich drehe mich nicht um nach dir.
Ich schenke Kaffee ein. Du schaust mir über die Schulter,
                                                        wie das Schwarz sich ergießt,
wie der Wein sich ergießt, ein Wein unklarer Herkunft,
                                                        und du rührst dich keinen Schritt.
Du weißt nur zu gut, dass es unsere zerbrechlichsten Tassen sind.
                                                        Alles ist hier deutlich zu hören:
Der Kaffeekanne poltert auf den Boden, Jasmin senkt sich dunkel herab.
                                                                                          Ich drehe mich nicht um,
doch wenn der Wasserspiegel sich schließt, scheint es unwirklich,
                                                                          dass dies hier alles schon mal war.
Geh nicht mit mir. Bleib, wo du bist, du Unterweltler,
du Gott finanzieller Gesundheit, du ängstlicher Versammler,
du Ungerader, stets Gekränkter.
                                                        Deine Stimme erklingt im Luftzug,
dein Blick klebt in meinem Nacken. Du betrittst dieses Zimmer,
doch ich lege dort Rechenschaft vor dir ab. Schau mit mir
                                                                                                                auf die Vorhänge,
weiße Zungen über den Passantenköpfen. Komm dir das bekannt vor?
Erinnere dich. Bald bin ich nicht mehr da.
          Ich werde ich selbst sein.
          Junisonne und Schatten sind völlig verschiedene
          Landschaften, weiße Gierschwolken dazwischen
          weißer Schaum in feuchten Winkeln.



Sehr geehrter Herr,
               über Nacht ist im Haus die Milch gefroren
                und jeder Schluck verursacht unüberwindbare Beschwernis.
 
Haben Sie je gesehen, wie sich eine Akazie dem Wind hingeben kann?
Andere hingegen zucken, sind völlig verrenkt,
                                                     doch eine Akazie legt sich langsam und ganz hin,
eine unendliche Fließbewegung aus Prostration und Erhebung. Die Akazie?
Die Elende, die den rumliegenden Sauereien auf den Gleisen entwächst?
Verbrenne, alles was brennt; und dazu Kutschen, Segel; Suff.
Wir haben das Tischtuch vergebens gewaschen, wofür nun
das chinesische Porzellan als Decke für die Akazie, als die
allerzerbrechlichste: Busch, scheues Feuer, Mondsichel,
wir bereiten Kaffee zu, keine Brandopfer.



Am Samstagabend kam Besuch,
wir kochten Wasser, und warteten, wie es weitergeht.
Hätte ich ein Fenster, würd ich nur vor mich hingucken.
In jedes Fenster, das ich treffe, schau ich rein und raus,
es kostet mich viel Kraft, aber ich bin sehr wendig.
Ich lasse das Licht in den leeren Zimmern brennen,
Licht und Musik; ich halte mich nicht für einsam,
aber denke vielsagend an dich.
An deinen weißen Körper, fragil
wie eine Hostie bei der Elevation,
ein gebrochener Leib, in den ich sanft hineinbeiße.
Oft fragte ich mich, ob ich es darf. Man darf nicht.
Dann hast du mir armenische Zigaretten gebracht,
ich denke nicht, dass wir uns beide daran erinnern.
Mein Gott, diese langen Wochen, als wir beide
im Garten lagen, ausgebreitet und ohne Zukunft.
Wir berührten uns nicht, als laut die Litanies sich streckten,
als du Gas gabst, streichelte ich den Rücken deiner Hand.
Als sich abends die Sonne in die Westfenster webte,
fischten wir Buchensamen aus dem Laub.
Du kletterst in meinen Schoß, mein pechschwarzes Kind,
bis du mir in der Höhe, noch unter der Tamariske, sagst:
Ich kenne dich.
Komm, ich führe dich in das Haus mit dem runden Tisch,
mit dem runden Tisch und dem weißen Tischtuch im Erker,
mit der größten Platane auf den ganzen Prager Weinbergen.
Dann würden wir uns ins Gesicht sehen, doch präzise zielen,
dicht über das Ohr, beide in die Krone desselben Baumes.


 
Klára Krásenská (* 1995) ist Lyrikerin, Buchredakteurin und Literaturkritikerin. Sie hat Geschichte und Bohemistik an der Karls-Universität in Prag studiert. Ihr Debütband Mýtinami (dt. „Durch Lichtungen“, 2023) begleitet das lyrische Subjekt auf eine imaginär-spirituelle Suche an die urbane Peripherie (abgelegene Landschaften, Wälder, Wiesen), wo archaische Rituale und bizarre Bräuche den Chronotropos der poetischen Welt strukturieren. Ihr zweiter Band – Veni, veni (2025) – aus dem das vorliegende Gedicht stammt, setzt diese Poetik der Grenzüberschreitung von „exterior“ und „interior“ fort – mit einer sakralen und hymnischen Sprache, die einfühlsam die Schönheit, aber auch die Gefahr der von der menschlichen Zivilisation durchbrochenen Natur widerspiegelt.
 
Der Übersetzer dankt herzlich Klaus Anders für die kritische Durchsicht der Gedichte.
 

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