Kerstin Preiwuß: o.T.
Heute ist gar nicht schon der vierundzwanzigste.
Heute ist immer noch der einundzwanzigste Januar.
Der heißt doch Januar nicht Jänner.
Aber dort wo ich war am einundzwanzigsten Januar
hieß er Jänner.
Das ist die größte Kraftanstrengung meines Lebens.
Ich bin immer noch da aber auch von gestern.
Gestern hört nicht auf obwohl ich es verstanden hab
am einundzwanzigsten Jänner der heißt doch Januar.
In mir ist nur noch Januar.
Das ist die größte Kraftanstrengung meines Lebens.
Solange ich da bin möchte ich sprechen.
Aber nicht davon nicht vom einundzwanzigsten Januar.
Und was ich weiß will ich nicht sagen.
Ich will nur dass ich es fühle.
Mein Leben Januar.
Meine Taubheit Januar.
J’aime Januar.
Das ist die größte Kraftanstrengung meines Lebens.
J’aime steht hier aber schweigt schon wieder.
Ich trau ihm nicht.
Ich traue mir das reicht dann schon vom Januar.
Zu träumen ist auch so ein Ding.
Ein bläulich verfärbter Streifen am Hals
beringt das Täubchen und das ist der Zwang
der in den Worten liegt
legt als profanes Bild die Schlinge so
dass die Taube in der Taubheit ruht.
Lieber wortlos sein.
Ich weiß j’aime und das genügt mir schon
von der Taube dem Ring dem Januar.
Hier steht was ich verlassen hab.
J’aime steht auf und ich bin offen
für schwarze Plastikfahnen in den Bäumen.
Alles sichtbar verfangen.
Die Bäume laublos wie ich wortlos.
Ich weiß alles davon.
Ich weiß alles vom J’aime ohne Möglichkeit.
Das ist J’aime.
Ohne Möglichkeit ist nur Wirklichkeit.
J’aime ist in Wirklichkeit J’aime.
Kerstin Preiwuß: Gespür für Licht. Gedichte. München und Berlin (Berlin Verlag) 2016. 18,00 Euro.