Kathrin Niemela: Drei Gedichte
Gedichte > Lyrik heute
Kathrin Niemela
Drei Gedichte
pont des arts
himmel
splittert /
es riecht nach schlick,
als die brücke sich biegt /
zu viel liebe wiegt, bricht
sich in silberglieder /
lichtzitterbild, wie
riegel schieben /
bügel klicken /
schlüssel ertrinken /
gitter schließen sich,
das glitzern flieht, fließt
vorbei an bibern / zirzt,
ziert sich, resigniert / die
liebe hat sich stranguliert
es riecht nach schlick,
als die brücke sich biegt /
zu viel liebe wiegt, bricht
sich in silberglieder /
lichtzitterbild, wie
riegel schieben /
bügel klicken /
schlüssel ertrinken /
gitter schließen sich,
das glitzern flieht, fließt
vorbei an bibern / zirzt,
ziert sich, resigniert / die
liebe hat sich stranguliert
marais, nach längerem warten
meine
lederjacke über der lehne / ich rieche sie, wo ich
auch sitze, nicht zedrig, nicht sessel, nicht stiefel, vielmehr
ein moderton und noten von tod, die sich an mich binden,
egal, wie ich mich parfümiere / wünschte mir düfte, doch
atme das kalb, darauf bedacht, dass ich mich lässig gebe /
wo immer ich stehe, ebenen verschweben
auch sitze, nicht zedrig, nicht sessel, nicht stiefel, vielmehr
ein moderton und noten von tod, die sich an mich binden,
egal, wie ich mich parfümiere / wünschte mir düfte, doch
atme das kalb, darauf bedacht, dass ich mich lässig gebe /
wo immer ich stehe, ebenen verschweben
der
rollende ton der metro / ein obdachloser schlafend,
matratze aus pappe, in plastiktaschen an grauen kacheln
die habe / auf dem gang wachen mit schnellfeuerwaffen,
hastende, am rand: ein liebespaar / passanten, läden,
fassaden / unter den panzern narbiges land mit karst von
jahren, gesäumt von bäumen mit wurzeln aus glas
matratze aus pappe, in plastiktaschen an grauen kacheln
die habe / auf dem gang wachen mit schnellfeuerwaffen,
hastende, am rand: ein liebespaar / passanten, läden,
fassaden / unter den panzern narbiges land mit karst von
jahren, gesäumt von bäumen mit wurzeln aus glas
schlangen
am as du falafel / wo alle warten, ist nahrung
macht / pitataschen und kipparascheln, an der wand der
namen damalswachen, daneben reklame: koscher backen /
schläfenlocken umdrängt von gay und szeneläden, ein
senegalese mit kühlschrankmagneten / das dämmerlicht
kommt mir gelegen, um deutlich zu sehen
macht / pitataschen und kipparascheln, an der wand der
namen damalswachen, daneben reklame: koscher backen /
schläfenlocken umdrängt von gay und szeneläden, ein
senegalese mit kühlschrankmagneten / das dämmerlicht
kommt mir gelegen, um deutlich zu sehen
am
grab von tignous babbelt ein alter auf einer bank, liest /
an ihn geschmiegt stiert eine puppe ins nichts, vorbei an
stiften und charly / ich denke je suis / der volle waggon der
metro / atmen, warten, auf rucksäcke starren / angst kratzt
an straßen, an bahnen, geschwante wunden klaffen /
an den rändern emojis und posts
an ihn geschmiegt stiert eine puppe ins nichts, vorbei an
stiften und charly / ich denke je suis / der volle waggon der
metro / atmen, warten, auf rucksäcke starren / angst kratzt
an straßen, an bahnen, geschwante wunden klaffen /
an den rändern emojis und posts
waffenbrigaden
am montmartre / maler auf der place
du tertre / cafés, crêpes, eine trompete / leben schert sich
nicht, bahnt wege über schräge dächer und simse aus zink /
im meer von kaminen vibrieren bilder von liebenden,
verzichtbar glitzernd, fragil / als sei alles verführung /
absinthgischt füllt risse, füllt blicke / je suis on the beat
du tertre / cafés, crêpes, eine trompete / leben schert sich
nicht, bahnt wege über schräge dächer und simse aus zink /
im meer von kaminen vibrieren bilder von liebenden,
verzichtbar glitzernd, fragil / als sei alles verführung /
absinthgischt füllt risse, füllt blicke / je suis on the beat
überleben mit houellebecq
sie haben keine chance.
fortfahren? //
die liebe ein ideal zwischen industrieanlagen und
autobahnen, betonkapillaren, häusermeerbaden
nous habitons l’absence //
die liebe ein ideal zwischen industrieanlagen und
autobahnen, betonkapillaren, häusermeerbaden
nous habitons l’absence //
hund hinter glas, machine for loving,
leine ziehen, bevor wir verschwinden
ich hatte nicht mehr grund als andere, mich umzubringen //
die abwesenheit bewohnen totenschädel zwischen
coladosen und zuckenden mösen, im fumoir iggy pop
sie haben keine chance. fahren sie fort //
(exposition „rester vivant“ – palais de tokyo 2016)
© kathrin niemela 2020_WORTSCHAU Nr. 35: Paris