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Katharina Lanfranconi: Das brennende Haus

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Timo Brandt

Katharina Lanfranconi: Das brennende Haus. Gedichte. Zürich (Wolfbach Verlag) 2019. 104 S. 18,00 Euro.

Geschwungener Schalk und straffe Wehmut


„ich träume von einem haus
das auf ein weißes blatt passt
und in dem du auf mich wartest“
     
Katharina Lanfranconis Gedichte sind, wollte man sie auf einen Nenner bringen, mit kleinen poetischen Funken in Gang gesetzte Miniaturen, die sich oft ins Aphoristische neigen und trotz ihrer schmalen Windungen und ihrer eher simplen Didaktik immer wieder Einfallsreichtum beweisen.

Neben der Liebe, die in vielen Facetten und Situationen beleuchtet wird, von himmelhochjauchzend bis schlotterndbetrübt, und nicht selten mit einem gewissen Schalk, der sich mit Anklängen von Zynismus garniert, so z.B. in diesem Gedicht mit dem Titel „Schmierentheater“:

„ein hang zum kitsch
war in seiner beichte
auszumachen und
salbte die versöhnung
quasi bühnenreif“,
      
neben der Liebe sind vor allem das Alter und Erkenntnisfragen die Motive, die die besten Gedichte des Bandes umtreiben. Hier beweist Lanfranconi ein Gespür für Bilder, die komplexe Dilemmata einfangen und nahebringen können.

„unaufhörlich
spannen sich
unsichtbare fäden
zwischen
behauptetem und
widersprochenem
zwischen
gesagtem und
kritisiertem
[…]
wir lauern listig
wie spinnen
ob sich eine wahrheit
im netz verfängt
eine mickrige meist
die sich einzuverleiben
kaum lohnt“

In diesen Gedichten werden die sonst sehr häufig angeschlagenen wehmütigen bis witzelnden Töne auf ein Mindestmaß zurückgeschraubt, die analytische Komponente überwiegt, was die Gedichte, wie oben bereits erwähnt, in die Nähe des Aphorismus bringt.

Auch bei den Gedichten, in denen es um das Alter geht, überwiegt diese Komponente zumeist:

„manchmal
an gewissen orten
wünsche ich mir
die toten zurück
[…]
wünschte sie
rauchten und
tränken mit mir
und manchmal
an solchen orten

wünschte ich
sie wären
nicht da“

So entsteht während der Lektüre des Bandes der Eindruck, die Beschaffenheit der Gedichte strebe in zwei Richtungen – oder besser gesagt: sei von zweierlei Beschaffenheit in Bezug auf ihre Biegsamkeit: einmal straff und analytisch, einmal elastisch und verspielt.

Während die Gedichte über Alltagsregungen/-erfahrungen mit kleinen Wortspielen daher-kommen, wie etwa hier:

„schamhaft erröten die götter
in der morgendämmerung
als bereuten sie ihre unbesonnenheit“

ist solcherlei nicht mehr aufzufinden, sobald allgemeinere Themen, allgemeinere Überlegungen Einzug halten:

„in wahrheiten
eingerichtet
findest du dich
bald in abstell
kammern
wieder“

Diese Zweisprachigkeit ergibt letztlich ein sehr ausgewogenes Leseerlebnis, gerade weil sie Erlebtes und Gedankliches nebeneinanderstellt und selten vermengt. Hier und da gibt es Gedichte, die nicht viel mehr als ein Gag sind, auf der anderen Seite Texte, die sehr tiefe Dimensionen anschneiden. So wiegen die Gedichte die menschliche Erfahrung als Ganzes auf.

„eine achtfingrige hand
stützt die decke meines zimmers
hängt wachsam kopfunter“


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