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Karin Posth: das perfekte tier

Memo/Essay > Aus dem Notizbuch


Karin Posth


das perfekte tier



nehmen wir die libelle zum beispiel bevölkert alle
kontinente und ist an keiner stelle fremd die zeit
stand ihr bei anfangs etwas zu groß hat gott
sie immer geliebt ein glück das dem menschen
bloß nicht widerfuhr die libelle das perfekte tier
patentrezept für vollkommenheit sah dinosaurier
kommen und gehen überlebte eiszeiten und
kometeneinschläge kennt wege auf schatten- und
sonnenseiten bekam den aufschlag zwei leben zu leben
als larve im wasser wo die jahre lang aber blasser
und als imago in der luft wo die jahre kurz aber
voll duft wie schön so schön als tier sich im wasser
zu spiegeln der mensch dagegen sein abbild
in der scheibe sieht müde faltig erschöpft
während ihm in der verbleibenden zeit die
vorstellung quillt diese welt im finstern allein
zu verlassen tauscht die larve die nasse gruft
gegen lichte luft schlüpft jungfräulich aus der
hülle lässt das vergangene am stengel zurück
um mit leichtem flügelschlag über der fülle
unter der sonne zu schweben ein festtag im
schillernden kleid bereit sich im flug zu paaren
mit uneingeschränkter wonne länger als einen
atemzug vor ablauf der lebenszeit

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