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Julia Grinberg: prophet, der gewöhnliche

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Julia Grinberg

prophet, der gewöhnliche


passt auf, ich neige zu übertreibungen. aber hand aufs herz - ist diese kleine sünde so unverzeihlich? wirklich vergleichbar mit dem, dass ihr mich austrinkt, ihr mein lachen absorbiert, mich auswringt und aufesst laut schmatzend? na bitte, auf euer wohl! aber warum in zähnen mit fingernägeln herumstochern?

wir schwingen in senkrechte richtungen, unsere achsen könnten sich kreuzen, einen schnittpunkt bilden, federten sie nicht über parallele flächen. mein oszillieren strahlt aus, bin ein noch schwacher aber dennoch ein richtungssender, ich brenne und schenke, wenn auch stotternd. mein wirkungsradius ist klein, geräusche stören die glut meines eifers, aber ich prüfe meine kraft und verstehe ihre erneuerbarkeit.

ihr tut mich als einen clown ab, „verzeiht“ mir milde „meine marotten“, nur insgeheim bereut ihr, dass ihr nicht funkeln könnt. wenn ihr nachdenkt: ohne mich seid ihr gar nicht da. und wenn ihr von schmerz aufjault, freut euch - das heißt, ihr lebt! vielleicht werdet ihr auch irgendwann jemanden lieben.


(aus dem Zyklus: "in drei absätzen")
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