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Joris K. Huysmans: Das wirre Durcheinander des Gelesenen

Poetik / Philosophie > Glossen


Joris K. Huysmans


Aus "Gegen den Strich", 7


Er war unfähig, auch nur ein Wort von den Büchern zu begreifen, in denen er las; nicht einmal seine Augen lasen; es kam ihm vor, als weigere sich sein mit Literatur und Kunst übersättigter Geist, noch mehr in sich aufzunehmen.
    Er lebte aus sich selbst, nährte sich von seiner eigenen Substanz gleich jenen Tieren, die sich den Winter über in ein Loch verkriechen und erstarren; wie ein Narkotikum hatte die Einsamkeit auf sein Gehirn gewirkt. Nachdem sie ihn zuerst enerviert und angespannt hatte, bewirkte sie nun eine von vagen Träumereien beunruhigte Betäubung; sie vernichtete seine Absichten, brach seine Willenskraft, führte eine ganze Reihe von Träumen herbei, die er, passiv, über sich ergehen ließ, ohne auch nur den Versuch zu machen, sich ihnen zu entziehen.
    Das wirre Durcheinander des Gelesenen, künstlerische Betrachtungen, die er in seiner Abgeschiedenheit angehäuft hatte wie ein Stauwerk, das den Strom alter Erinnerungen hemmen sollte, das alles war plötzlich weggerissen worden; die Flut setzte sich in Bewegung, warf Gegenwart und Zukunft über den Haufen, ertränkte alles unter der Vergangenheit, erfüllte seinen Geist mit unendlicher Traurigkeit, auf der, gleich kümmerlichem Strandgut, unerhebliche Episoden aus seinem Leben schwammen, absurde Nichtigkeiten.



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