Jonathan Swift: Ein bescheidener Vorschlag
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Jonathan Swift
Ein bescheidener Vorschlag
wie man die
Kinder der Armen hindern kann, ihren Eltern oder dem Lande zur Last zu fallen,
und wie sie vielmehr eine Wohltat für die Öffentlichkeit werden können.
(1729)
Es ist ein
melancholischer Anblick für alle, die in dieser großen Stadt umhergehn oder im
Lande reisen, wenn sie die Gassen, Straßen und Türen der Hütten voller
Bettlerinnen sehn, hinter denen sich drei, vier oder sechs Kinder drängen, die,
alle in Lumpen, jeden Vorübergehenden um ein Almosen belästigen. Diese Mütter
sind, statt für ihren ehrlichen Lebensunterhalt sorgen zu können, gezwungen,
ihre ganze Zeit auf Streifzüge zu verwenden, weil sie für ihre hilflosen Kinder
Brot erbetteln müssen; die aber werden, wenn sie emporwachsen, entweder aus
Mangel an Arbeit zu Dieben, oder sie verlassen ihre teure Heimat, um in Spanien
für den Prätendenten zu kämpfen oder schließlich verkaufen sie sich selbst auf
die Barbados.
Ich denke,
alle Parteien sind sich darüber einig, dass diese übertriebene Kinderzahl in
den Armen oder auf dem Rücken oder an den Fersen ihrer Mütter, und oft genug
ihrer Väter, bei dem gegenwärtigen, beklagenswerten Zustand des Königreichs nur
eine Plage mehr ist; und wer daher eine gute, billige und leichte Methode
fände, diese Kinder zu nützlichen Gliedern des Staates zu machen, würde sich
ein solches Verdienst um die Öffentlichkeit erwerben, dass man ihm als einem
Retter der Nation eine Statue errichten müsste.
Aber meine
Absicht beschränkt sich keineswegs darauf, nur die Kinder berufsmäßiger Bettler
zu versorgen, sondern sie greift viel weiter aus und will die volle Zahl der
Kinder eines bestimmten Alters umfassen, wie sie von Eltern geboren werden, die
in Wirklichkeit nicht besser imstande sind, sie zu erhalten
als jene, die in den Straßen um Almosen betteln.
Ich selber
habe viele Jahre lang über dieses wichtige Thema nachgedacht und die
verschiedenen Vorschläge andrer Weltverbesserer reiflich erwogen und stets
gefunden, dass sie sich in ihren Berechnungen gröblich irren. Freilich lässt
sich ein eben gebornes Kind ein Sonnenjahr lang mit der Milch der Mutter
ernähren, ohne für mehr als zwei Schilling andere Nahrung zu brauchen, und
diese Summe, oder ihren Wert in Brocken kann die Mutter sicherlich durch ihren gesetzlichen
Beruf des Bettelns beschaffen, und eben nach Vollendung des ersten Jahres
gedenke ich für die Kinder in einer Weise zu sorgen, dass sie, statt ihren
Eltern oder der Gemeinde zur Last zu fallen, und statt für den Rest ihres
Lebens an Nahrung und Kleidung Mangel zu leiden, vielmehr zu der Ernährung und
teilweise auch der Kleidung vieler Tausender beitragen werden.
Noch einen
großen Vorzug hat mein Vorschlag; er wird nämlich jenen mutwilligen
Fehlgeburten und jenem scheußlichen Gebrauch der Frauen ein Ende machen, die
ihre unehelichen Kinder töten; dieser Brauch ist leider nur zu häufig unter
uns, und die armen unschuldigen Säuglinge werden, dünkt mich, eher geopfert, um
die Kosten als die Schande zu vermeiden, denn die würde noch in der wildesten und
unmenschlichsten Brust Tränen und Mitleid wecken.
Man
berechnet die Zahl der Seelen in diesem Königreich in der Regel auf anderthalb
Millionen, darunter schätze ich, werden etwa zweihunderttausend Paare sein,
deren Frauen Mütter sind; von ihnen ziehe ich dreißigtausend Paare ab, die
imstande sind, ihre Kinder selbst zu unterhalten, wenn ich auch fürchte, unter
den gegenwärtigen Nöten des Königreichs werden ihrer noch nicht einmal so viel
sein; aber angenommen, das stimme, so bleiben noch
hundertundsiebzigtausend Mütter. Ich ziehe nochmals fünfzigtausend ab, und zwar
auf die Frauen, die eine Fehlgeburt tun, oder deren Kinder innerhalb des ersten
Jahres durch Unfall oder Krankheit sterben; dann bleiben nur noch
hundertundzwanzigtausend jährlich von armen Eltern geborner Kinder. Die Frage
ist also, wie diese Anzahl aufgezogen und versorgt werden soll; denn wie ich
bereits gesagt habe, ist das nach all den bisher vorgeschlagenen Methoden
völlig unmöglich; wir können sie weder im Handwerk noch im Ackerbau verwenden;
wir bauen weder Häuser (ich meine auf dem Lande) noch bebauen wir Felder:
Höchst selten können sie sich vor ihrem sechsten Jahr durch Stehlen ihren
Lebensunterhalt suchen, es sei denn, wo die Veranlagung besonders günstig ist;
ich gebe freilich zu, dass sie die Anfangsgründe weit früher lernen, doch
können sie während dieser Zeit eigentlich nur erst als Novizen gelten, wie mir
ein führender Herr aus der Grafschaft Cavan mitteilt, der mir auch versichert,
dass er selbst in einem wegen der schnellsten Fortschritte in dieser Kunst so
berühmten Teil des Königreichs nie mehr als ein oder zwei Beispiele unter dem
sechsten Jahr erlebt habe.
Unsre
Kaufleute versichern mir, dass ein Knabe oder ein Mädchen unter dem zwölften
Jahr keine marktfähige Ware ist; und selbst in diesem Alter werfen sie
börsenmäßig nicht mehr als drei Pfund oder höchstens drei Pfund und eine halbe
Krone ab; das kann sich weder für die Eltern noch für das Königreich lohnen,
denn die Kosten der Ernährung und der Kleiderfetzen sind mindestens viermal so
hoch gewesen.
Ich werde
also jetzt demütigst meine eignen Gedanken darlegen, die, wie ich hoffe, nicht
dem geringsten Einwand begegnen können.
Mir ist von
einem sehr unterrichteten Amerikaner meiner Bekanntschaft
in London versichert worden, dass ein junges, gesundes, gutgenährtes,
einjähriges Kind eine sehr wohlschmeckende, nahrhafte und bekömmliche Speise
ist, einerlei, ob man es dämpft, brät, bäckt oder kocht, und ich zweifle nicht,
dass es auch in einem Frikassee oder einem Ragout in gleicher Weise seinen
Dienst tun wird.
Ich
unterbreite also der öffentlichen Erwägung demütigst den Vorschlag, dass von
den hundertundzwanzigtausend bereits berechneten Kindern zwanzigtausend für die
Zucht zurückbehalten werden; von ihnen soll nur ein Viertel aus Knaben bestehn,
was immerhin schon mehr ist als wir bei Schafen, Hornvieh oder Schweinen
erlauben; mein Grund ist der, dass diese Kinder selten die Frucht der Ehe sind,
auf die unsre Wilden nicht viel Gewicht legen; und deshalb wird ein Knabe für
vier Mädchen genügen. Die übrigen hunderttausend mögen nach ihrem sechsten
Lebensjahr im ganzen Königreich vornehmen und reichen Leuten zum Kauf angeboten
werden; dabei mag man der Mutter raten, die Kinder im letzten Monat reichlich
zu säugen, damit sie für eine gute Tafel prall und fett werden. Ein Kind wird
bei einer Freundesgesellschaft zwei Schüsseln ergeben, und wenn die Familie
allein speist, so wird das Vorder- oder Hinterviertel ganz ausreichen; mit ein
wenig Pfeffer oder Salz gewürzt, wird es gekocht noch am vierten Tage ganz
ausgezeichnet schmecken, besonders im Winter.
Ich habe im
Durchschnitt berechnet, dass ein neugebornes Kind zwölf Pfund wiegt; bei
erträglicher Ernährung wird es in einem Sonnenjahr auf achtundzwanzig Pfund
steigen.
Ich gebe zu,
dass diese Kinder als Nahrungsmittel etwas teuer kommen werden; aber eben
deshalb werden sie sich sehr für den Großgrundbesitzer eignen; da die Gutsherrn bereits die meisten Eltern gefressen haben, so haben
sie offenbar auch den nächsten Anspruch auf die Kinder.
Es wird im
ganzen Jahr Kinderfleisch geben, am reichlichsten aber im März oder kurz vorher
und nachher, denn ein ernster Autor, ein hervorragender französischer Arzt,
versicherte uns, dass in römisch-katholischen Ländern, da Fische eine
zeugungskräftige Nahrung sind, neun Monate nach den Fasten mehr Kinder geboren
werden als zu irgend einer andern Jahreszeit; deshalb werden ein Jahr nach den
Fasten die Märkte noch mehr überfüllt sein als gewöhnlich, denn die Zahl der
papistischen Kinder beträgt in diesem Königreich mindestens das dreifache der
andern. So wird mein Vorschlag noch einen Nebenvorteil mit sich bringen, indem
er die Zahl der papistischen Kinder verringert.
Ich habe die
Säugekosten eines Bettlerkindes (unter deren Zahl ich alle Kätner und Landarbeiter
und vier Fünftel der Pächter begreife) einschließlich ihrer Lumpen bereits auf
etwa zwei Schilling im Jahr berechnet, und ich glaube, es würde keinem Edelmann
leid tun, wenn er für den Leichnam eines guten, fetten Kindes zehn Schilling
gäbe, denn, wie ich bereits gesagt habe, wird er vier Schüsseln einer
ausgezeichneten nahrhaften Speise ergeben, wenn er nur einen engern Freund oder
die eigne Familie zu Tisch hat. So wird der Gutsherr lernen, ein guter Landwirt
zu werden; er wird beliebt sein unter seinen Pächtern, die Mutter wird acht
Schilling Reinverdienst haben und arbeitstüchtig bleiben, bis sie ein neues
Kind gebärt.
Wer
wirtschaftlicher ist (und ich muss gestehn, die Zeiten drängen dazu), kann den
Leichnam häuten; die Haut wird, kunstvoll gegerbt, wundervolle Damenhandschuhe
und Sommerstiefel für elegante Herrn ergeben.
In unsrer
Stadt Dublin kann man zu diesem Zweck in den passendsten
Gegenden Schlachthäuser einrichten; wir können versichert sein, dass es an
Schlächtern nicht fehlen wird. Ich persönlich freilich empfehle eher, die
Kinder lebend zu kaufen und gleich nach dem Schlachten herzurichten, wie wir es
mit Spanferkeln machen.
Ein sehr
würdiger Mann, der dieses Land mit echter Liebe liebt und dessen Tugend ich
sehr hoch schätze, hatte kürzlich die Liebenswürdigkeit, als wir über diesen
Gegenstand sprachen, noch einen Verbesserungsvorschlag zu meinen Plan zu
machen. Er sagte, dass mancher Edelmann dieses Königsreichs in letzter Zeit
sein Hochwild völlig abgeschossen habe; und also meinte er, dass man den Mangel
an Wild recht wohl durch junge Burschen und Mädchen nicht über vierzehn und
nicht unter zwölf Jahren abhelfen könnte, zumal eine so große Zahl von jungen
Leuten beider Geschlechter in allen Ländern aus Mangel an Arbeit und Dienst vor
dem Hungertode ständen; die sollten ihre Eltern, wenn sie noch leben, und sonst
ihre nächsten Verwandten vergeben. Doch bei aller Achtung vor einem so
ausgezeichneten Freund und einem so verdienstvollen Patrioten kann ich seinen
Gedanken nicht ganz zustimmen; denn was die Knaben angeht, so versicherte mein
amerikanischer Bekannter auf Grund vielfacher Erfahrung, dass ihr Fleisch wie
das unsrer Schulknaben durch fortwährende Leibesübung im allgemeinen zäh und
dürr, ihr Geschmack aber unangenehm sei; und sie zu mästen, würde die Kosten
nicht lohnen. Was ferner die Mädchen angeht, so glaube ich in demütiger
Ehrfurcht, dass dieser Plan einen Verlust für die Öffentlichkeit bedeuten
würde, weil sie bald selbst Mütter werden müssten. Außerdem ist es nicht unwahrscheinlich,
dass ein paar überbedenkliche Leute, wenn auch sehr zu Unrecht, einem solchen
Brauch den Vorwurf machen würden, er grenze ein wenig an Grausamkeit, was für
mich, wie ich gestehe, stets der stärkste Einwand gegen
jeden Plan gewesen ist, so gut er auch gemeint sein mochte.
Um aber
meinem Freund gerecht zu werden, so gab er zu, dass dieser Ausweg ihm von dem
berühmten Psalmanazar eingegeben worden war, einem Eingebornen der Insel
Formosa, der vor mehr als zwanzig Jahren von dort nach London kam und meinem
Freunde in der Unterhaltung sagte, dass, wenn in seiner Heimat irgend ein
junger Mensch hingerichtet würde, der Henker den Leichnam als besondere
Leckerei an vornehme Personen verkaufte; so sei zu seiner Zeit der Leichnam
eines dicken, fünfzehnjährigen Mädchens, das gekreuzigt wurde, weil es versucht
hatte, den Kaiser zu vergiften, vom Galgen weg in einzelnen Stücken um
vierhundert Kronen an den ersten Staatsminister Seiner kaiserlichen Majestät
und andre große Hofmandarinen verkauft worden. Ich kann auch nicht leugnen,
wenn von mehreren prallen jungen Mädchen in dieser Stadt derselbe Gebrauch
gemacht würde, zumal sie ohne einen Heller Vermögen, doch nicht ohne Tragsänfte
aus dem Hause gehn können und dabei in ausländischem Putz, den sie niemals bezahlen
werden, im Theater und in Gesellschaften erscheinen, das Königreich dabei nicht
übel fahren würde.
Einige Leute
von mutloser Charakteranlage sind in großer Sorge um jene ungeheure Anzahl
Armer, die bejahrt, krank oder verkrüppelt sind; und man hat mir oft den Wunsch
ausgesprochen, ich möge mein Denken darauf richten, welchen Weg man einschlagen
müsse, um das Land von einer so schweren Last zu befreien; aber das macht mir
nicht die geringste Mühe, da es nur zu bekannt ist, dass sie tagtäglich, so schnell
man es vernünftigerweise nur erwarten kann, vor Kälte, Hunger, Schmutz und
Ungeziefer sterben und verfaulen. Und auch die jüngern Arbeitsleute sind
mittlerweile in fast der gleichen hoffnungsvollen Lage. Sie können keine Arbeit finden, und also siechen sie vor Nahrungsmangel dahin,
und zwar in einem Grade, dass sie, wenn sie gelegentlich zu gewöhnlicher Arbeit
gedungen werden, keine Kraft mehr haben, sie zu verrichten; so wird das Land,
und so werden sie selbst glücklicherweise vor kommenden Übeln bewahrt.
Meine
Abschweifung ist schon allzu lang geworden, ich kehre also zu meinem Thema
zurück. Ich denke, die Vorzüge meines Vorschlags sind handgreiflich und
zahlreich, und obendrein von höchster Bedeutung.
Zunächst
würde er, wie ich bereits bemerkt habe, die Zahl der Papisten, von denen wir
alljährlich überrannt werden, bedeutend verringern; sie sind zugleich die
kinderreichsten Leute der Nation und unsre gefährlichsten Feinde, und sie
bleiben eigens im Lande, um das Königreich dem Prätendenten auszuliefern; sie
hoffen durch die Abwesenheit so mancher guten Protestanten die Oberhand zu
gewinnen, die lieber ihr Land verließen, als zu Hause blieben und wider ihr
Gewissen einem bischöflichen Pfarrer den Zehnten zahlten.
Zweitens
werden die ärmern Bauern einen eignen wertvollen Besitz haben, der gesetzmäßig
pfändbar werden und dazu verhelfen kann, den Gutsherrn ihre Pacht zu zahlen;
denn ihr Getreide und ihr Vieh sind bereits beschlagnahmt, und Geld ist ihnen
etwas völlig Unbekanntes.
Drittens
wird das Nationalvermögen, während die Unterhaltung der hunderttausend Kinder
von zwei Jahren an aufwärts jährlich auf nicht weniger als auf je zehn
Schilling zu berechnen ist, auf diese Weise um jährlich fünfzigtausend Pfund
vermehrt, abgesehn von dem Vorteil, dass ein neues Gericht auf die Tafeln aller
wohlhabenden Herrn im Königreich kommt, die nur ein wenig
Geschmacksverfeinerung besitzen; und das Geld wird im Lande bleiben, da die
Ware ganz einheimisches Wachstum und Fabrikat ist.
Viertens werden mit Kindern gesegnete Leute, abgesehn
von dem Reinverdienst von jährlich acht vollwertigen Schillingen, den sie durch
den Verkauf ihrer Kinder erzielen, von der Last befreit sein, sie noch nach
ihrem ersten Jahr erhalten zu müssen.
Fünftens
würde diese Nahrung auch den Weinkellern großen Besuch einbringen, denn die
Wirte werden sicherlich klug genug sein, die besten Rezepte für eine vollendete
Zubereitung zu beschaffen; dann werden ihre Häuser von all den feinen Herrn
besucht werden, die sich mit Recht auf ihre Kenntnisse in vorzüglicher Küche
etwas zugute tun, und ein geschickter Koch, der seine Gäste zu verpflichten
weiß, wird auch dafür Sorge tragen, die Speisen so teuer zu bereiten, wie sie
es nur wünschen können.
Sechstens
würde er einen großen Ansporn zur Eheschließung abgeben, wie alle weisen
Nationen sie entweder durch Belohnung ermutigt oder durch Gesetze und Strafen
erzwungen haben. Es würde die Sorgfalt und Zärtlichkeit der Mütter ihren
Kindern gegenüber steigern, wenn sie einer lebenslänglichen Versorgung der armen
Kleinen sicher wären, zumal die Öffentlichkeit sie in einem gewissen Grade zu
ihrem jährlichen Nutzen statt zu ihrem Verlust zu liefern hätte. Wir würden
unter den verheirateten Frauen einen ehrlichen Wettstreit erleben, welche von
ihnen das fetteste Kind auf den Markt bringen könnte; die Männer würden gegen
ihre Frauen während der Zeit ihrer Schwangerschaft so liebevoll werden, wie sie
es jetzt gegen ihre trächtigen Stuten, Kühe oder Säue sind, und sie würden sie
aus Furcht vor einer Fehlgeburt nicht mehr schlagen noch mit Füßen treten, wie
es jetzt nur zu häufig der Brauch ist.
Es ließen
sich noch viele andre Vorteile aufzählen: zum Beispiel der, dass unser Export
eingetonnten Rindfleisches um jährlich einige Tausend Fässer steigen würde; das Schweinefleisch würde größere Verbreitung finden, und
ebenso die Kunst, guten Speck zu bereiten, an dem es bei uns so außerordentlich
fehlt, weil die Ferkel allgemein vernichtet werden; diese Ferkel erscheinen
viel zu oft auf unserm Tisch, und sie sind in keiner Weise nach Geschmack und
Fülle mit einem gut gewachsenen, fetten, einjährigen Kind zu vergleichen, das
sich, am Spieß gebraten, auf einem Bürgermeistergastmahl oder bei jeder andern
öffentlichen Festlichkeit stattlich ausnehmen wird. Aber dies und vieles andre
lasse ich aus, da ich mich der Kürze befleißige.
Angenommen,
dass in dieser Stadt tausend Familien ständige Käufer des Kinderfleisches
wären, abgesehn von denen, die es bei Lustbarkeiten, vor allen bei Hochzeiten
und Taufen essen würden, so berechne ich die Zahl der Leichen, die Dublin
allein verbrauchen würde, auf jährlich etwa zwanzigtausend; die übrigen
achtzigtausend würde der Rest des Königreichs verzehren, in dem sie
wahrscheinlich ein wenig billiger verkauft werden würden.
Ich kann mir
nicht denken, dass gegen diesen Vorschlag ein einziger Einwand zu erheben wäre,
es sei denn, man wollte geltend machen, dass die Bevölkerungsziffer in diesem
Königreich bedeutend verringert würde. Das gebe ich offen zu, ja, es war eine
meiner Hauptabsichten, als ich ihn der Welt unterbreitete. Ich wünsche, der
Leser möge wohl beachten, dass ich mein Heilmittel nur für dieses eine
individuelle Königreich Irland berechne und für kein andres, das es auf der
Erde je gegeben hat, gibt, oder soweit ich mir vorstellen kann, geben wird.
Deshalb komme mir niemand mit andern Auskunftsmitteln: mit einer Steuer von
fünfundzwanzig Prozent ihres Einkommens, die die in England lebenden Irländer
zu zahlen hätten; damit, dass wir weder Kleider noch Hausrat brauchen dürften,
die nicht in Rohstoff und Verarbeitung aus unserm Lande stammen; damit, dass
wir Materialien und Werkzeuge, die ausländischen Luxus
fördern, streng ablehnen müssen; damit, dass es gilt, unsre Frauen von den
teuren Vergnügungen des Stolzes, der Eitelkeit, des Müßiggangs und Spiels
abzubringen; damit, dass wir den Hang zur Sparsamkeit, Vorsicht und Mäßigung
stärken sollen; damit, dass wir unser Land lieben lernen müssen, (in welchem
Punkte wir uns selbst von den Lappen und den Bewohnern von Topinambu unterscheiden);
damit, dass wir unsre Feindseligkeiten und Zänkereien aufzugeben haben, um es
nicht länger wie die Juden zu machen, die sich noch in dem Augenblick, als ihre
Stadt erobert wurde, gegenseitig tot schlugen; damit, dass wir vorsichtig sein
sollten, nicht unser Land und unser Gewissen um ein Nichts zu verkaufen; damit,
dass wir die Gutsherrn lehren müssen, ihren Bauern gegenüber wenigstens eine
Spur von Erbarmen zu zeigen; und schließlich damit, dass wir den Geist der
Ehrlichkeit, Betriebsamkeit und Gewandtheit in unsre Ladenbesitzer pflanzen
sollen, die sich, wenn man jetzt den Beschluss fasste, nur noch unsre
einheimischen Waren zu kaufen, sofort verbünden würden, um uns zu betrügen und
uns im Preis, im Maß und in der Güte der Waren zu übervorteilen, wie sie denn
auch bisher noch niemals dazu zu bringen waren, dass sie sich ein einziges Mal
erboten hätten, hinfort ehrlich zu verfahren, obwohl man sie oft und ernsthaft
dazu aufgefordert hat.
Deshalb
wiederhole ich, es rede mir niemand von diesen und ähnlichen Auskunftsmitteln,
bevor er nicht wenigstens einen Schimmer von Hoffnung hat, dass jemals ein
kräftiger und aufrichtiger Versuch gemacht wird, sie in die Wirklichkeit zu
übertragen.
Ich selber
habe mich jahrelang damit abgemüht, eitle, müßige und visionäre Gedanken
darzulegen; doch als ich an jedem Erfolg schließlich verzweifelte, verfiel ich
glücklicherweise auf diesen Vorschlag, der einerseits völlig neu ist, und
andrerseits eine feste und reale Grundlage hat; er
verursacht keine Kosten und wenig Mühe; seine Ausführung liegt ganz in unsrer
eignen Macht, und er bringt uns nicht in Gefahr, England zu verstimmen. Denn
diese Ware eignet sich nicht für den Export, da das Fleisch zu zart ist, um
sich selbst in Salz lange zu halten; freilich könnte ich wohl ein Land nennen,
das mit Freuden unsre ganze Nation auch ohne Salz aufessen würde.
Schließlich
bin ich aber von meiner eignen Meinung nicht so heftig eingenommen, dass ich
jeden von klugen Männern vorgeschlagenen Plan abwiese, wenn er sich nur als
ebenso unschuldig, billig, leicht durchführbar und wirkungsvoll erweist. Aber
ehe man mir, meinem Vorschlag entgegen, irgend etwas der Art unterbreitet, um
einen bessern darzulegen, möge es dem Urheber oder den Urhebern gefallen, zwei
Punkte reiflich zu erwägen.
Erstens, wie
sie unter den gegenwärtigen Umständen für hunderttausend Münder und Rücken
Nahrung und Kleidung finden wollen; und zweitens lebt in diesem Königreich eine
runde Million von Wesen menschlicher Gestalt, deren ganze Habe vereinigt eine
Schuld von zwei Millionen Pfund Sterling ergeben würde, denn man muss
diejenigen, die von Beruf Bettler sind, hinzurechnen zu der großen Masse von
Pachtbauern, Kätnern und Arbeitern mit ihren Weibern und Kindern, die in
Wirklichkeit ebenfalls Bettler sind. Ich möchte, dass die Politiker, denen mein
Vorschlag missfällt und die vielleicht verwegen genug sind, eine Erwiderung zu
versuchen, zunächst einmal die Eltern dieser Sterblichen fragen, ob sie es
nicht heute für ein großes Glück halten würden, wenn sie auf die beschriebene
Weise im Alter von einem Jahr als Nahrungsmittel verkauft worden wären, so dass
ihnen die ewige Straße des Elends erspart geblieben wäre, die sie seither durch
die Unterdrückung der Gutsherrn, durch die Unmöglichkeit, ohne Geld und Gewerbe
Pacht zu zahlen, durch den Mangel an der alltäglichen
Notdurft, ohne Haus und Kleider, die sie vor der Unbill des Wetters schützen
könnten, und in der unvermeidlichen Aussicht, auf ewig ihrer Nachkommenschaft das
gleiche oder auch noch größeres Elend zu vermachen, gezogen sind.
Ich
versichre in der Aufrichtigkeit meines Herzens, dass ich nicht das geringste
persönliche Interesse verfolge, wenn ich versuche, dieses notwendige Werk zu
fördern, denn ich habe nichts weiter im Auge, als das öffentliche Wohl meines
Landes; ich will unsre Kinder versorgen, unsren Armen Erleichterung
verschaffen und auch den Reichen ein wenig Vergnügen gönnen.
Ich selbst
habe keine Kinder, durch die ich auch nur einen Heller verdienen könnte. Mein
jüngster ist neun Jahr alt und meine Frau über die Zeit des Gebärens hinaus.