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Jonathan Perry: Wolken - Fünf Notate

Montags=Text
Foto: Shirin Bajalan
Jonathan Perry

Wolken
Fünf Notate


Ein Straßenkünstler, der ganz in seiner Rolle als lebende Statue aufgeht. Wenn man neugierig, auf eine plötzliche Bewegung der Figur gefasst, sich nähert, und nichts passiert.


Lärmender Stammtisch. Einer sagt: „Versteht mich nicht falsch: Ich will ja gar nicht auffallen, ich will ja gar nicht auffallen.“ Da werden plötzlich alle ganz still.


Der Bub, der am Balkon dort, Erdgeschoß, einen Spielzeugzug in der Hand, zu mir, der vorübergeht, neugierig herblickt, aus seinen kleinen, hingedrängten Augen, plötzlich aber sich duckt und hinterm Geländer verschwindet.


Abendliche Stimmung, Gastgarten, sorgloses Geplauder, eine Taube, dicht an mir zu meinen Füßen, sie pickt, probeweise bloß, gelbe Mimosenbaumblättchen, am restlosen Pflasterboden.
Darüber die Säule, aus der Mitte des Platzes ragend, an ihrer Spitze die Jungfrau Maria.
Nun nur noch ihr Haupt, zu den Wolken erhoben, im Sonnenlicht, wallendes Kleid.


Am Straßenrand, in der Schotterbucht, links, rechts schwummriger Nadelwald; am Saum ein Löwenzahnblatt, lasch, sich selbst in Schatten legend. Aber kurz, als der Wind weht, durchs Unterholz fährt – das knistert nun – bäumt es sich auf, das müde Blättchen, ja, geradeso wie einer, der, des Wartens müd, plötzlich glaubt, es käme etwas oder jemand, ihn abzuholen, aufschaut …


(Aus „Allmählich sich lichtender Himmel“, unveröffentlicht.)
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