Jón Kalman Stefánsson: Aus dem Notizbuch des Teufels
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© Einar Falur
Jón Kalman Stefánsson
AUS DEM NOTIZBUCH DES
TEUFELS
(Aus: Ljóðbréf 8 / Poesiebrief 8, hrsg. v. Dagur Hjartarson und Ragnar Helgi Ólafsson, Verlag Tunglið, Reykjavík 2024)
Aus dem Isländischen von Jón Thor Gíslason und Wolfgang Schiffer
AUS DEM NOTIZBUCH DES
TEUFELS
…
Zwietracht, Missgunst, Landesgrenzen, Landminen,
die Telefonnummern von
Trump, Orban, Netanjahu und all denen,
in Kopenhagen den Koran verbrennen, oder besser überall,
nicht vergessen, eine
neue Hose zu kaufen, mit Mama
zu telefonieren, nochmal
Zwietracht, darf man nie vergessen, ebenso
wenig wie die Reinheit der
Nation, Veränderungen sind schädlich, eine
Platte mit den Bee Gees
kaufen, Elon Musk sagen, dass er der Beste ist,
der klügste, die
Chinesische Mauer eine tolle Idee, dazu einen passenden
Slogan kreieren, wer
nicht aussieht wie wir und anders ist, ist
eine Gefahr, jeder Mensch
muss seine eigene Chinesischer Mauer sein,
so könnte der Slogan
lauten, eine zündende Idee, an den
Termin morgen früh beim
Physiotherapeuten denken, Übermut,
ein irre gutes Wort, unbedingt
häufiger benutzen, sich daran erinnern,
Komplimente
zu machen, welch eine großartige Idee,
Bücher zu verbieten,
unbedingt unterstützen, wichtig,
einen
anderen Namen dafür zu finden, die Idee dann verbreiten,
es
Rücksichtnahme nennen, dass Bücher nicht unangenehm
sein
dürfen, das Gleiche gilt für Theater, Musik, betonen, dass
alles
sicher sein muss, keinen Schaden verursachen darf,
schockieren,
eine irrsinnig gute Idee, sie ist auf Augenhöhe mit
der Chinesischen
Mauer, nicht vergessen, eine Flasche Wodka für Papa
zu
kaufen, Lob, Neid, Misstrauen, Eitelkeit, dies wie ein Fahrgestell
unter die
Menschen setzen, ich am Steuer, ich denke, das
alles ist auf dem
richtigen Weg, kaum etwas, das uns aufhalten
kann, später mehr dazu …
Jón Kalman
Stefánsson, geb. 1963 in Reykjavík, verbrachte einen Großteil seiner frühen Jahre in Westisland,
wo er verschiedenen Jobs nachging: in einem Schlachthof, in der Fischindustrie,
als Maurer und einen Sommer lang als Polizist am internationalen Flughafen
Keflavík. Von 1986 bis 1991 studierte er
Literaturwissenschaft an der Universität von Island, schloss sein Studium
jedoch nicht ab. Die nächsten acht
Jahre unterrichtete er Literatur an zwei Schulen in Akranes.
Gleichzeitig schrieb er Artikel und Rezensionen für
die Zeitung Morgunblaðið und für den isländischen Radiosender RÚV. Von 1992 bis
1995 lebte er in Kopenhagen. Nach seiner
Rückkehr arbeitete er bis zum Jahr 2000 als
Bibliothekar in der Bibliothek Mosfellsbær in der Nähe von Reykjavík. Seitdem
ist er hauptberuflich als Schriftsteller tätig.
Sein
erstes veröffentlichtes Werk, der Gedichtband Með byssuleyfi á eilífðina /
Ein Waffenschein für die Ewigkeit, erschien 1988. Es folgten weitere
Gedichtbände, zuletzt 2021 Djöflarnir taka á sig náðir og vakna sem guðir / Die Teufel gehen
zu Bett und erwachen als Götter, und eine
Reihe von Romanen, von denen Sumarljós, og svo kemur nóttin / Sommerlicht
und dann kommt die Nacht 2005 den Isländischen Literaturpreis gewann. Vier
seiner Bücher wurden auch für den Literaturpreis des Nordischen Rates nominiert.
Die
meisten seiner Romane sind auch ins Deutsche übersetzt (von Karl-Ludwig
Wetzig), zuletzt 2024 Guli kafbárurinn / Mein gelbes U-Boot. Sehr große Aufmerksamkeit erfuhr auch hier seine
Romantrilogie um einen nur „der Junge“ genannten Protagonisten im Island vor
mehr als 100 Jahren: Himmel und Hölle, Der Schmerz der Engel und Das
Herz des Menschen.
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