John Clare: Zwei Gedichte
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John Clare
(Naturdichter, 1793 - 1864)
Zwei Gedichte
übersetzt von Sven Koch
Das Nest der Goldammer
Knapp vor der Brücke flog ein Vogel auf
Verschreckt vom Hütebub der runterstieg
Zum Kratzbeeren pflücken – los wir suchen jetzt
Nach seinem Nest – der Bach hier ist ja seicht
Selbst Bienen könnten darin stehend trinken
So harmlos singend rinnt er übern Kies
– Da! an die Uferböschung drückt es sich
Unter dem Buschen Gras mit langem Halm
Und dürrer hoher Ähre – grob gebaut
Mit Reisig bleichen Stoppeln aufgeklaubt
Aus dem was von der Vorjahrsernte blieb
Dünn ausgelegt mit schwarzem Pferdehaar
Fünf Eier auf der lila Schale Krakel
Bis man sie plötzlich wie Eklogen liest
Naturgedichte – Zauberpoesie –
Es sind die einer Goldammer die nistet
Dichtergleich umkränzt von Wiesenblüten
Der Bach weich wie Kastalia fließend
Und als Parnass ein Maulwurfshügel
Auf dem vielleicht ihr Partner sinnend sitzt
Wenn sie so freudig singt – komm lassen wirs
Dies Glück im Sonnenheim in Frieden
Doch auch an schönen Orten droht Verderben
Es schleicht sich an fast überall auf Erden
Denn Schlangen die sich kalt am Boden ringeln
Halten Ausschau nach Gelegen und der Brut
Und als wär die Pest zu Gast gewesen
Bleibt danach nur ein leeres Nest zurück –
Wie klagend dann der kleine Sänger ziept
Wenn solches Unheil seine Brust zerriss
Privatland
[Alternativ: Betreten verboten]
Nie ging ich gern wos keine Wege gab
Und trat nur zaghaft auf die frische Mahd
Sah mich dabei auch immer ängstlich um
Aus Furcht der Grundbesitzer käme an
Doch überall wohin ich kam wars schön
So lief ich einfach weiter vor mich hin
Als ich zurück zu aller Straße kam
Fand ich die andern sahn mich böse an
Selbst freundlich schien ihr Blick zu fragen
Warst du denn auf Privatland unterwegs?
Wie oft dacht ich an schönen Tagen
Ach wär nur ich Besitzer dieses Flecks
Doch ohne Land fühl ich mich nie allein
Und kann keins nutzen so als wär es meins