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Johannes Witek: Zwei Gedichte

Montags=Text

Johannes Witek
Zwei Gedichte


Helping Hands

Dostojewski im Dunkeln,
Miles Davis für den Regen
Chet Baker für die Straße nachts
Henry Miller für alles, was der Mensch ist
und glücklich sein,
Louis Ferdinand Celine für die Absurdität
in der Tragik
Camus für den Stoizismus vorm
Erschießungskommando,
Thelonius Monk für wenn einem
das Gesicht entgleitet,
Sartre für So-geht-es-auch,
Anne Sexton dafür, den eigenen Schuh
als Aschenbecher zu verwenden,
Knut Hamsun für das Überleben,
Edward Hopper für den vielen einsamen Raum
um uns alle,
Django Reinhardt für Gib-mir-Drei-und-ich-geb-dir-alles,
Dylan Thomas für angebrunzte Topfpflanzen und Charlie Chaplins
Tennisplatz,
Kerouac für das Klischee,
Salinger für einsame Hotelzimmer,
William S. Burroughs fürs Hart-an-die-Grenzen-Gehen
und darüber hinaus,
Allen Ginsberg für America,
Steinbeck für das beste Romanende aller Zeiten
Lord Byron für seinen Namen +
die Liebe zu seinem Hund,
der Marquis de Sade für verabreichte Hostien,
Oscar Wilde für seine Tapete,
Kafka für den Wecker um 06:30 an einem Dienstag,
Antonin Artaud für laute Fürze im Badezimmer,
Rimbaud und Baudelaire für die Action,
Villon auch
(überhaupt, die Franzosen)
die Sonne für die Sonne
den Mond für den Mond
die Nacht dafür, dass dann weniger
Menschen auf den Straßen sind und
wenn ja, die richtigen,
Musik für Musik,
Bier für Bier,
hüpfende gelbe Tennisbälle für ... nein, doch nicht.

Es war nie wirklich leer, hier
das erscheint nur so, wenn man
die richtige Art von leise braucht
um zu verstehen
was laut eigentlich bedeutet.

Auch nie wirklich allein,
einfach nur

härter suchen.


Root for You

Der betrunkene alte Mann
der seine Haustür aufschließt
in der Häuserzeile
gegenüber:
wie er mit seinem Schlüssel
das Schloss verfehlt
wieder und wieder
aber wie eine halbbewusste Maschine
noch in der Automation des Dämmers
unbeirrbar weiß,
wo es Ruhe gibt
zumindest für diese Nacht --
der Schlüssel fällt ihm in den Schnee
er schwankt
spricht mit sich selbst
geht in die Knie um
im Schnee
nach dem kleinen Stück Metall zu suchen
das ihm seine vier Wände Heimat zurückgibt
ein weiteres Mal
keine Hilfe
keine Chance
keine Hoffnung,
dass es noch mal anders wird
nur die harte banale Realität
einer Jännernacht in einer ansonsten
menschenleeren Straße
nachdem die Jahre vergangen sind
und mit ihnen,
was war --

Er versucht es
für uns alle,
findet ihr nicht?

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