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Jenny Schäfer: String Figures

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Barbara Zeizinger

Jenny Schäfer: String Figures. Hamburg / Berlin (Sukultur Hamburg) 2020, 136 Seiten. 12,00 Euro. ISBN 978-3-95566-116-8

Unruhige Fadenspiele


Das im Hamburger Sukultur 2020 erschienene Buch String Figures von der Hamburger Künstlerin Jenny Schäfer lädt zum Nachdenken und zu Nachfragen ein.

String Figures sind Figuren, die durch Fadenspiele entstehen. Sie werden auch Hexenspiele genannt. Bei den Chugach-Eskimos, so Wikipedia, werden Fadenspiele traditionell im Herbst gespielt, so könne man die Strahlen der Herbstsonne einweben.
Donna Haraway hat sich die string figures für ihr Buch „unruhig bleiben“ als struktu-rierendes Motiv genommen. Es verdeutlicht die Multiperspektivität, die es braucht, um neu und beunruhigt mit der Gegenwart umzugehen.

Diesen Text, habe ich der Internetseite rhizome.hfbk.net entnom-
men, dem von 2016 bis 2021 existierenden sozialen Netzwerk der Hochschule für bildende Kunst in Hamburg. Er ist nicht namentlich unterzeichnet, stammt aber wohl aus der Feder von Jenny Schäfer und gibt uns einen deutlichen Hinweis auf den gedanklichen Hintergrund der 21 kurzen Texte des vorliegenden Buches. Ist doch die emeritierte Professorin der University of California laut Standard vom 18. Dezember 2021 zu der wichtigsten Person der Kunstwelt geworden, weil für sie das Verschwimmen verschiedener Bereiche und Spezies in der Kunstwelt im Gegensatz zur Realität vor- und darstellbar ist.

Unruhig bleiben heißt auch die Devise von Jenny Schäfer. Meistens bin ich aufgeregt, lautet der erste Satz im Buch und dementsprechend sind die ersten drei Geschichten auch mit Unruhe überschrieben. Und weiter hinten heißt es: Es geht um ständige Unruhe. Um den Zwang zum Aufgeregtsein.

Natürlich ist das kein Selbstzweck, sondern eine Methode, die eigene Haltung immer wieder zu hinterfragen. Und auch der Leser, die Leserin kann sich während der Lektüre nicht ausruhen, sondern wird mehrmals mit Gegensätzen konfrontiert:

Ich liebe Langeweile. Und ich habe Angst davor.
Ich halte Widersprüche schlecht aus. Ich befürworte sie dennoch.
Ich möchte einerseits in Ruhe gelassen werden. Anderseits möchte ich Geld und Relevanz.

Vor allem möchte Jenny Schäfer gute Kunst machen. Um das zu erläutern, erzählt sie uns einundzwanzig Geschichten. Oft fängt sie mit etwas an, das sie in ihrem Alltag erlebt hat. Wir erfahren von einem Freund, der gut kochen kann und jetzt bald sterben wird, von einer Diskussion mit einer Kommilitonin über Akademikerkinder versus Arbeiterkinder, von einem All-inclusive-Aufenthalt, einer Reise mit Freund und Kind, von Sammelleidenschaft, Porträt-aufnahmen und vielem mehr. Wie gesagt, einundzwanzig Geschichten. So unterschiedlich diese inhaltlich auch sein mögen, geben sie doch alle keine endgültigen Antworten. Alles müsse hinterfragt werden. Im Leben und in der Kunst. Kluge Kunst wolle sie machen. Aber wie?

Naiv sein, staunen und dennoch akut Verantwortung übernehmen. Vielleicht ist das auch eine Aufgabe der Kunst. Sich wundern über den Glanz und den Abgrund und die Dinge beim Namen nennen.

Als Studentin wurde sie einmal im Zusammenhang mit ihren Fotografien gefragt, was sie interessiere. Es sei, antwortete sie wie bei den verschiedenen Phasen der Mitose. Wie ein Zustand von Entspannung und Anspannung. Auf derselben Seite (das Buch enthält übrigens keine Seiten-zahlen) erfahren wir allerdings, dass sie immer noch nicht genau wisse, was sie mit ihrer künstlerischen Praxis anstrebe. Die Wege, die Kunst gehen kann, in denen Kunst sich äußern kann, verlaufen sich und führen wieder zusammen … Doch manchmal begegne einem etwas ganz Alltägliches und dann spürt man den Widerhaken, sie drücken sich in die Membran und lassen nicht los.

String Figures ist kein Buch, das man so nebenbei lesen kann. Man muss sich darauf einlassen, auf die Denkmodelle, auf den Anspruch, alles zu hinterfragen, zu dekonstruieren. Aber dann hat man am Ende etwas von der oben erwähnten Multiperspektivität mitgenommen.


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