Jan Kuhlbrodt: geschichten von bob dylan (ein roman in 28 kapiteln)
Jan Kuhlbrodt
geschichten von bob dylan (ein roman in 28 kapiteln)
vorsatz:
einmal in der dämmerung grüßte ich einen fremden, den ich für bob dylan hielt. ein andermal, als ich mich in arkansas verlaufen hatte, schenkte mir ein mann fünf haushaltskerzen und ein päckchen zündhölzer. dieser mann war bob dylan.
1. kapitel
manchmal kommt es mir vor, als würde ich ihn schon jahrzehnte lang kennen. manchmal aber auch, als wären es nur tage. das sei vollkommen normal, sagte bob dylan, als ich ihm davon erzählte, und bot mir tee an.
2.kapitel
hin und wieder gingen wir aneinander vorbei, ohne uns zu grüßen. meist schrieb mir bob dylan dann nach ein paar tagen eine email, aber er ging nicht auf den versäumten gruß ein. er schickte verschiedene rezepte zur zubereitung von garnelen.
3.kapitel
ob ich das nicht aufschreiben wolle, fragte bob dylan, als ich ihn einmal an der autowaschanlage traf. wir waren beide ohne auto da und fotografierten nur. später dann tauschten wir die bilder, und ich sagte: ja.
4. kapitel
als ich bob dylan zum ersten mal traf, erkannte ich ihn nicht. ich erinnere mich aber an seinen festen händedruck.
5. kapitel
einmal, als bob dylan seinen schlüssel verloren hatte, lehnte er es ab, bei mir zu übernachten. man steckt nicht drin in diesem bob dylan, sagte bob dylan.
6. kapitel
bob dylan hatte, als wir an der autobahn standen, seine gitarre dabei, auf dem schild, das wir den vorbeifahrenden wagen entgegenhielten, stand eisenach.
weil bob dylan seine gitarre dabei hatte, mussten wir in getrennten fahrzeugen fahren. so verlor ich ihn aus den augen. lange aber musste ich noch an ihn denken, und wie er leise fluchte, wenn die autos vorbeizogen.
7. kapitel
ich traf ihn nach jahren wieder, und bob dylan gab mir, bevor er grüßte, den breiten filzstift zurück, den er sich am autobahnzubringer von mir geliehen hatte.
8. kapitel
einmal, als bob dylan krank danieder lag, stürzte ein astereoid in den südpazifik.
9. kapitel
beim angeln tat bob dylan sich schwer, aber er gab nicht auf.
10. kapitel
bob dylan stürzte einmal mit seinen abfahrtsski aus dem auto und blieb unverletzt.
11.kapitel
bob dylan war noch nie in eisenach gewesen. ob ihn die erinnerung nicht trüge, fragte ich. in diesem punkt nicht, sagte bob dylan.
12. kapitel
bob dylan ist ein großer stimmenimitator. manchmal merke ich gar nicht ob er selber spricht oder sich nur nachmacht. manchmal denke ich, es sei meine mutter gewesen. zuweilen imitierte er mich, wie ich ihn imitierte.
13. kapitel
ich war so siebzehn oder achtzehn und ging mit meinem freund thilo zum stausee nach euba, um zu baden. ein mann stand am wasser und angelte mit verbundenen augen. mensch, sagte thilo, das ist doch bob dylan.
14. kapitel
einmal tauschten wir taschenkrebse. wir ließen sie an verschiedenen orten frei. ein wenig habe er dabei geweint, sagte bob dylan später.
15. kapitel
heute war ich bei meiner mutter im altersheim, und auf dem rückweg, ich dachte: zwick mich mal einer, stand bob dylan am wettschalter der trabrennbahn. er wurde ausbezahlt.
16. kapitel
immer, wenn ich ihn anrufe, lässt bob dylan es genau drei mal klingeln, bevor er abnimmt. klingelt es vier mal, dann mache ich mir sorgen. manchmal aber nimmt bob dylan nach dem ersten klingeln ab, dann verstellt er seine stimme und klingt wie meine mutter.
17. kapitel
es gibt kein haar ohne suppe, sagte bob dylan.
18. kapitel
immer, wenn ich die augen schließe, höre ich bob dylan „KLONDYKE“ sagen.
19. kapitel
inzwischen fischt bob dylan mit fliegen. das muss ihm erst einmal einer nachmachen. er steht in einer gummihose in einem reißenden gebirgsbach und fischt. dabei trägt er eine sonnenbrille mit blau getönten gläsern.
20. kapitel
jetzt regnet es hier, sagt bob dylan.
21. kapitel
es gab tage, da stand bob dylan stundenlang im park und fütterte die amseln. er war enorm bei der sache.
22. kapitel
die logik besteht in der abwesenheit irgendwelcher folgerichtigkeit, sagte bob dylan und gab mir den stift zurück. einige geschichten hatte er gestrichen. sie seinen nicht direkt falsch, aber auf eine art aufgeblasen, die ihn an den verkehrspolizisten vor seinem haus erinnerte.
23. kapitel
bob dylan sagte, dass er den uhu nicht mag, der auf seinem grundstück brütet.
24. kapitel
dieses einrollen! sagte bob dylan, und blickte etwas traurig auf den igel, der in einer kiste schlief.
25. kapitel
wer ist eigentlich dieser bob dylan?, fragte mich einmal bob dylan.
26. kapitel
geduldig wartete bob dylan mit einem stoffbeutel an der pilzberatungsstelle.
27. kapitel
elvis zog sich vor dem supermarkt die gummimaske vom gesicht, die seine eigenen züge trug, und bob dylan musste heftig lachen.
28. kapitel
einmal hörte ich zufällig, dass bob dylan sagte, sein lieblingslied sei "the german song: Mein Hut der hat drei Ecken."