Jan Kuhlbrodt: Die Sürrealistische Revolution - Theodor Lessing
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Foto: Nicola Perscheid
Jan Kuhlbrodt
Theodor Lessing
Außerdem treffe ich in „Die Sürrealistsche Revolution“ zuweilen auf alte Vertraute, aber nicht unbedingt gleichzeitig auf Vertrautes. Wie vielleicht der ganze Sürrealismus stand oder saß der Hannoveraner Philosoph jüdischer Herkunft Theodor Lessing zwischen allen Stühlen. Was ihn mit den Sürrealisten verband, war sicher die Ablehnung von jeglichem Nationalis-mus. In Heft 3 des ersten Jahrgangs findet sich sein Text: Europa und Asien. Darin folgende Passage:
„Die Weisheit ist unbesiegbar pessimistisch. Sie hat in tausenden Werken die untrenn-baren Zusammenhänge von Lebensreife mit dem Leiden ergründet. Sie durchschaut die wechselseitige Abhängigkeit von Wissen und Schmerz und weiß, dass Bewusstsein unwandelbar Funktion von Not ist.“
Sicherlich projiziert Lessing große Teile seines eigenen und sehr berechtigten Grund-pessimismus und findet ihn in den asiatischen Texten wieder.
Anfang März 1933 flieht er aus Deutschland in die Tschechoslowakei. Im Sommer nimmt er am Prager Zionistenkongress teil und plant, zusammen mit seiner Frau in Marienbad ein Landerziehungsheim zu eröffnen. Die NS-Presse streut zur selben Zeit Gerüchte über ein hohes Kopfgeld, das auf Lessing ausgesetzt sei. Am 30. August 1933 wird er in seiner Marien-bader Wohnung von zwei Nationalsozialisten erschossen. Der erste politische Mord an einem deutschen Regime-Gegner im Ausland.